Günstigere Konkurrenten drängen mit neuen Modellen auf den Markt.
Inmitten der Autokrise lief es lange gut für BMW
, Audi
und Mercedes
: Vor allem dank starker Exporte sicherten sich die deutschen Premium-Hersteller hohe Profite, während um sie herum die Massen-Hersteller die Nachfrageschwäche zu spüren bekamen. Doch mit hohen Rabatten haben die drei ihre Markten geschwächt und die Konkurrenz ermutigt.
Wie lange hält die Vorherrschaft noch?
Die Vorherrschaft der großen drei, die nach Berechnungen der Beratungsfirma IHS im vergangenen Jahr fast 60 Prozent des weltweiten Marktes für Luxusautos ausmachten, könnte bald zu Ende gehen. Eine Reihe von neuen - oder neu belebten - Premiummarken tritt nun gegen die Platzhirsche an. Die deutschen Hersteller hätten einiges an Exklusivität verloren, weil sie in Marktsegmente wie die Kompaktklasse eingestiegen seien, sagt Branchenexperte und Berater Bernd Hönnighausen. Preisnachlässe hätten ein Übriges getan: "Sie haben mit Flottenrabatten um die 20 Prozent die Stückzahlen nach oben getrieben - was neue Anbieter wie etwa Jaguar mit geeigneten Modellen auf den Plan rufen könnte".
Viele eigentlich treue Kunden denken plötzlich über Alternativen nach, so auch Herbert Franz, der einen Ersatz für seinen BMW X3 gesucht und sich für einen Range Rover
Evoque entschieden hat: "Dieses Fahrzeug trifft genau den Zeitgeist", sagt der Berliner PR-Manager. Wie die britischen Traditionsmarken Jaguar und Land Rover, die inzwischen zum indischen Tata-Konzern gehören, setzen auch die zu Fiat zählenden Hersteller Maserati und Alfa Romeo, Nissans Premiumtochter Infiniti und die vom chinesischen Geely-Konzern kontrollierte Marke Volvo
eine Vielzahl von Neuentwicklungen gegen die großen drei.
Raum für Nischenprodukte
Es gebe Spielraum für Modelle, die sich deutlich von der Konkurrenz abhöben, etwa durch provokantes Design, erklärt Nissan
-Manager Andy Palmer, der der schon vor 25 Jahren gegründeten Marke Infiniti zum Durchbruch verhelfen soll. "Das gilt besonders für China", fügt er hinzu. Die Kunden dort seien bereit zum Wechsel, und vor allem die VW
-Tochter Audi könne nur verlieren, weil sie in der Vergangenheit auf diesem Markt so dominant gewesen sei.
Noch führen die Deutschen bei den Stückzahlen, was ihnen Kostenersparnisse in vielen Bereichen von der Forschung bis zum Marketing bringt. Mit diesen Vorteilen im Rücken drängt vor allem BMW mit Dutzenden neuer Modelle in wachsende Segmente vor - etwa mit sportlichen Geländewagen (SUV) in allen Größen. Einige Analysten erwarten allerdings, dass sich der Wind bald dreht: Die Schweizer Großbank UBS etwa rechnet damit, dass der Elektroauto-Pionier Tesla und die neuen DS-Modelle von PSA ( Peugeot
Citroen)
in den kommenden vier Jahren 30 Prozent des gesamten Wachstums im Premiumsegment ausmachen.
Erfolge stellen sich bereits ein
Einen guten Start hatte zuletzt auch Maserati: Im ersten Halbjahr vervierfachten sich die Auslieferungen der neuen Modelle. Nun will Fiat-Chef Sergio Marchionne auch die geschichtsträchtige Schwestermarke Alfa Romeo
den jüngeren Konkurrenten wie Infiniti und DS entgegensetzen. Jaguar
Land Rover konnte im angelaufenen Jahr die Verkäufe um 19 Prozent steigern - vor allem dank des Evoque. Auf diesen Erfolg sollen nun die neue Sportlimousine Jaguar XE
sowie ein Jaguar-SUV aufbauen.
Ein weiteres Problem der deutschen Hersteller: Trotz ihrer hohen Ausgaben in Forschung und Entwicklung hatten sie einen schwachen Start bei Hybridfahrzeugen, die Elektro- und Verbrennungsmotoren kombinieren. Verzögerungen auf diesem zukunftsträchtigen Markt kosteten den Audi-Entwicklungschef unlängst seinen Posten, und auch BMW hat seinen elektrisch angetriebenen Sportwagen i8 erst jetzt auf den Markt gebracht - Jahre nach vergleichbaren Konkurrenzmodellen. Solche Verzögerungen rächen sich besonders in Märkten, in denen der Schadstoffausstoß eine große Rolle spielt.
BMW und Audi unterschiedlicher Meinung
Und so wird das Rennen um Stückzahlen in München mittlerweile kritisch gesehen: "Wir müssen die richtige Balance zwischen Volumen und Preis finden", so BMW-Chef Norbert Reithofer zuletzt. Ein Denkprozess sei im Gange. Audi-Chef Rupert Stadler sieht es offenbar etwas anders: Volumen sei durch nichts zu ersetzen, hatte er Reuters im Juli gesagt. Arndt Ellinghorst vom Londoner Analysehaus ISI weist auf die in den kommenden Jahren erwarteten Chefwechsel bei allen drei Firmen hin: Bis dahin dürften die Manager weiter ihre Stückzahl-Strategie verfolgen - und die schwierige Neuausrichtung ihren Nachfolgern hinterlassen.