Risikoscheu, überlegt oder draufgängerisch? Fahrerfahrung, Alter und Geschlecht beeinflussen Risikoeinschätzung.
Bei Gelb in die Kreuzung. Mit dem Handy am Ohr. Ein paar km/h zuviel und zu dicht am Vordermann. Riskante Überholmanöver. Werden solche Delikte von allen Autofahrern als gleich gefährlich eingestuft und dennoch begangen? Eine repräsentative Umfrage des ÖAMTC unter 2000 Autofahrern gibt jetzt Aufschluss darüber, wie Österreichs Autofahrer Risiken im Straßenverkehr einschätzen und wie riskant sie sich selbst verhalten. Die Risikoeinschätzung wird grundsätzlich stark von der subjektiven Wahrnehmung und der Erfahrung beeinflusst. Alter und Geschlecht spielen dabei ebenso eine Rolle wie Fahrroutine. "Um ein präzises Bild von Österreichs Autofahrern zu bekommen, haben wir sie bei der Auswertung in zwei Gruppen eingeteilt: Es wurde nicht nur die Gesamtheit der Autofahrer untersucht, sondern auch die Führerscheinneulinge, die seit maximal drei Jahren den Führerschein besitzen, extra unter die Lupe genommen", erklärt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Dora Donosa.
Top-Risiko nicht angepasste Geschwindigkeit
Auf die offene Frage, welche die Top-Risikosituationen im Straßenverkehr sind, antworten beide Gruppen "nicht angepasste Geschwindigkeit", (46 Prozent der Autofahrer, 42 Prozent der Führerscheinneulinge). Danach weichen die Einschätzungen voneinander ab: Die Gesamtheit der Autofahrer nennt an zweiter Stelle gefährliche Überholmanöver (30 Prozent), weiters Telefonieren ohne Freisprechanlage und SMS versenden bzw. zu geringer Abstand (jeweils 25 Prozent), gefolgt von Alkohol und Drogen mit 24 Prozent. Bei den Anfängern rangieren Alkohol und Drogen (34 Prozent) an zweiter Stelle. "Hier spiegelt sich das größere Problem von Alkohol am Steuer bei jugendlichen Verkehrsteilnehmern sowie die strengeren Bestimmungen für Probeführerscheinbesitzer (0,1 Promillegrenze) wider", sagt die ÖAMTC-Verkehrspsychologin. Weiters gereiht sind gefährliche Überholmanöver (23 Prozent), schlechtes Wetter (16 Prozent), Telefonieren und SMSen (15 Prozent) und zu geringer Abstand (13 Prozent). "Generell nennen Fahranfänger weniger Risikosituationen im Straßenverkehr, was sich auf ihre fehlende Erfahrung zurückführen lässt", sagt die ÖAMTC-Expertin.
Unsitten und Lieblingsversäumnisse beim Thema Sicherheit
Generell zeigt sich, dass Anfänger eher zu riskantem Verhalten neigen als die Autofahrer gesamt. So geben 28 Prozent an, bei Gelb in die Kreuzung zu fahren (Routiniers: 16 Prozent). Ebenfalls 16 Prozent der Neulinge telefonieren ohne Freisprecheinrichtung während des Fahrens (Routiniers: 8 Prozent). Auch bei der Konzentration und Aufmerksamkeit sowie beim Einhalten des Abstandes zum Vordermann sind die erfahrenen Autofahrer überlegter. Fahranfänger neigen eher dazu, sich übermüdet hinter das Steuer zu setzen wie auch riskante Überholmanöver einzugehen.
Der technische Zustand des Autos ist nicht allen ein gleich großes Anliegen. Fahranfänger beispielsweise sind nachlässiger, wenn es darum geht, kleine Schäden am Auto so schnell wie möglich zu reparieren. "Das liegt daran, dass sie seltener ein eigenes Auto besitzen und dies demnach oft von den Eltern übernommen wird bzw. ihnen selbst manchmal das Geld für anstehende Reparaturen fehlt", erklärt die ÖAMTC-Expertin. Und außerdem bewahrheitet sich in der Umfrage ein altes Rollenklischee: So neigen Frauen dazu, bei der Wartung des Autos Verantwortung abzugeben. "Das regelmäßige Überprüfen der Lampenfunktion und des Reifenzustandes bzw. das Checken der Flüssigkeiten beim Tankstopp hat keine große Priorität", sagt Donosa.