Zu spät in die Arbeit kommen. Das kann schon einmal passieren. 816-mal zu spät kommen aber, passiert den wenigsten, weil kaum ein Arbeitgeber das dultet. Aber nicht so bei Oberregierungsrat Dr. M. von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht!
Richtig verstanden: Trotz seiner Kernarbeitszeit in der Behörde in Bonn, die bis 09:15 Uhr beginnt, erschien Dr. M. oft über drei Stunden zu spät, sodass er in Summe sage und schreibe 1614 Fehlstunden sammelte!
Besonders brisant: Trotz der unglaublich auffällig dokumentierten Zeiterfassung entschied das Bundesverwaltungsgericht erst kürzlich: Dr. M. darf Beamter bleiben. Bedeutet: Sein Gehalt von etwa 5.000 Euro, welcher von Steuerzahlern finanziert wird, bleibt also auch!
Doch wie kann es zu 1614 Fehlstunden kommen?
"BILD am SONNTAG" recherchierte zu verschiedenen Gerichtsurteilen und schockierte dabei mit folgenden Infos:
So soll zunächst bei Dr. M., einem verheirateten 4-fach Papa, zunächst alles normal gelaufen sein. Doch ab 2014 fiel eines auf: Dr. M. kam immer wieder zu spät in die Arbeit. -Deutlich zu spät!
Die BaFin schwieg dazu lange, bis eine Vorgesetzte den offenbaren Langschläfer 2015 eines Tages um 10:30 Uhr abgepasst hatte: Der Oberregierungsrat wird gerügt, die BaFin leitet ein Disziplinarverfahren ein.
Jemand, der an seinem Job hängt, hätte vermutlich daran gearbeitet. Aber Dr. M.?
Trotz Kritik: Dr. M. provozierte weiter
Er provozierte weiter, im Schnitt kam er knapp zwei Stunden jeden Tag zu spät.
Aber nicht genug davon: Denn nicht nur an der Pünktlichkeit scheiterte es, auch an seinem Arbeitspensum. Denn laut dem Urteil des Verwaltungsgerichts wäre es sein Job gewesen, Beschwerden von Bankkunden zu bearbeiten.
Das schockierende dabei: Pro Monat erledigte er davon etwa sechs Stück! Als Vergleich: Seine Kollegen arbeiteten im Schnitt fünfmal so viel ab!
Mit der Kritik seiner Vorgesetzten umgehen, gilt übrigens ebenso wenig als seine Stärke: So soll er sie als „fachlich und menschlich“ überfordert beschimpft haben. Doch es kommt sogar noch schärfer. Wegen falscher Verdächtigung zeigte er seine Vorgesetzten (übrigens erfolglos) an und forderte sie schriftlich auf:
Sie sollte doch seine unbearbeiteten Beschwerden selbst bearbeiten. Er hätte jetzt Urlaub, werde ihr aber danach "gerne erläutern" was "sie falsch gemacht" hätte.
Darauf folgte ein Justiz-Streit
2018 reicht die BaFin Klage ein.
Dabei sind sich die Richter einig: Dr. M. zeige „nicht den Hauch einer Einsicht“ in sein Fehlverhalten. Er kam zur Arbeit, „wann es in seinen Tagesablauf passte“, stellte seine Interessen hartnäckig über dienstliche Erfordernisse.
DAS sind die Gründe für chronische Verspätungen
Der Beamte begründete sein Zu spät kommen mit Bluthochdruck. Die eingenommenen Medikamente würden so betäubend wirken, dass er nach dem Aufstehen um 7:00 Uhr noch zu benommen wäre, um am Verkehr teilzunehmen.
Die Richter überzeugte das nicht. In beiden Instanzen urteilen sie: Wegen schwerer Dienstvergehen kann Dr. M. nicht Beamter bleiben.
Dr. M. allerdings zog nun vor das Bundesverwaltungsgericht – mit Erfolg! Denn tatsächlich darf er im Dienst bleiben! Zwar wird er zum Regierungsrat zurückgestuft und bekommt weniger Bezüge, trotzdem aber, kann er seiner Arbeit nun weiter nachgehen.