Coronavirus

Alarm: AKH fehlen schon 200 Pfleger

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AKH-Personalvertreter Wolfgang Hofer fürchtet düstere Zukunft für Wiens Spitäler. 

Wien. Der von ÖSTERREICH aufgedeckte Skandal um die AKH-Klinik für Urologie war wohl der erste Blick auf einen drohenden Zusammenbruch des angeblich „besten Gesundheitssystems der Welt“.
Personallücke. Denn dieser Slogan löst etwa beim obersten Personalvertreter im AKH, Wolfgang Hofer nur noch Verbitterung aus: „Akut fehlen im AKH 200 Pflegekräfte, das heißt dass genau so viele Betten gesperrt werden müssen.“
Und es werde schlimmer: „Seit Jahren weiß man, dass die Baby-Boomer demnächst in Pension gehen. Selbst wenn wir jetzt mit der Ausbildung notwendiger Ersatzkräfte beginnen, schaffen wir es nicht, genügend Personal zustande zu bringen, um diese Lücken zu füllen.“


Nächster Skandal. Ärzte-Verteter Frederic Tömböl ergänzt: „Zuletzt fielen Unternehmensberater in der Kinder-Indemediate Care Unit ein, die sagten, dass für vier Kinder in zwei Räumen 1,8 Personen genügen. Jetzt ist in der Nacht eine Person da, die meist völlig gestresst ist – und viele kündigen genau deshalb.“
Hofer ist empört, dass die Schuld bei einzelnen Abteilungen gesucht wird: „In Wahrheit weiß die Spitze des WIGEV (Wiener Gesundheitsverbunds) genau, dass in allen städtischen Spitälern schon 2.000 MitarbeiterInnen fehlen, davon 1.000 Pflegekräfte.“ Wie reagiert die hoch dotierte Dreier-Generaldirektion der städtischen Spitäler? Am Donnerstag flüchtete man vor dem Gesundheitsausschuss im Rathaus, am Freitag verweigerte man Interviews mit kritischen Medien wie ÖSTERREICH.

Hacker unter Druck. Ein SP-Insider meint: „Dieses jahrelange Nichtstun und Wegducken ist ein apokalyptisches Managementversagen und hoch gefährlich für SP-Stadtrat Peter Hacker, den die Spitals-Manager komplett allein im Regen stehen lassen. Lässt er sich das weiter gefallen, droht ihm selbst der Untergang.“ Zumal im Rathaus schon leichtes Ritze-Ratze der Sägen an seinem Sessel zu vernehmen ist...

 

AKH-Skandal: Jetzt spricht der Chef der Urologie-Klinik

AKH
© TZÖ / zVg

AKH-Primar ließ mit seiner Gefährdungsanzeige den Pflegenotstand auffliegen. Shahrokh Shariat im ÖSTERREICH-Talk: 

ÖSTERREICH: Bereuen Sie, dass Sie als Whistleblower für Wirbel sorgten?
Shahrokh Shariat: Diese Gefährdungsanzeige haben alle Ärzte der Urologie und die Bereichsleitung der Anästhesie unterschrieben. Wir haben nicht die Medien informiert, sondern den Amtsweg beschritten. Wenn man sieht, dass blutende Patienten in der Notfallabteilung abgelegt werden, statt bei uns behandelt zu werden, kann man sich nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn man schweigt. Als Ärzte sind wir ausschließlich dem Wohl der Patienten verpflichtet, politische Erwägungen liegen uns fern.
 

ÖSTERREICH: Dafür schickt man Ihnen die interne Revision auf den Hals...
Shariat: Kontrolle ist jederzeit willkommen. Ich sehe den Stadtrat ja als Partner, mit dem ich konstruktive Lösungen für eine untragbare Situation erarbeiten will. Es ist bedauerlich, dass man stattdessen versucht die Ärzteschaft einzuschüchtern.
 

ÖSTERREICH: Sie wurden auch vom AKH selbst attackiert. Ihre Reaktion?
Shariat: : Ich lade die Entscheidungsträger ein, endlich Ihre Verantwortung wahrzunehmen. Die Statistik des Pflegmangels ist vollkommen klar dokumentiert. Die Angaben der AKH Pressesprecherin sind unkorrekt, denn die Urologie verfügt zwar über 51 Krankenbetten, aber tatsächlich stehen jetzt nach meinem Protest nur 20 zur Behandlung der Kranken zu Verfügung. Viele Ärzte in den andern Spitälern befürchten Repressionsmaßnahmen, wenn sie Missstände aufdecken, das zeigt eben diese unsachliche Reaktion uns gegenüber mit der innere Revision. Die innere Revision ist ein wichtiges Instrument zu Aufdeckung von Missständen und sollte nicht politisiert werden. Als Arzt bin ich ethisch ausschließlich dem Wohle der Patienten verpflichtet.

ÖSTERREICH: Wie soll es jetzt weitergehen?
Shariat: Wir versuchen seit Monaten einen konstruktiven Dialog herbeizuführen, leider erfolglos. Hierzu braucht es einen fairen Schlüssel für die Pflegekräfte, die Kapazitäten, die durch Spitalsschließungen wegfielen, müssen ersetzt werden. Politik und Managerinnen sind aufgefordert die entscheidenden Verbesserungen mit uns und der Pflege zu erarbeiten. 

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