Das öffentliche Vorführen Krimineller ist in China seit einigen Jahren offiziell abgeschafft. In der Pandemie wird die grausame Praxis aber wieder genutzt, wie verstörende Aufnahmen zeigen.
Mit drakonischen Methoden haben Behörden in Südchina Verstöße gegen die Corona-Auflagen geahndet: Wie staatliche Medien am Mittwoch berichtete, führten bewaffnete Polizisten am Dienstag vier Männer durch die Straßen der Stadt Jingxi, weil sie sich nicht an die Corona-Regeln gehalten hatten. Aufnahmen zeigten, wie die vier von jeweils zwei Polizisten festgehalten wurden, während sie eine Maske sowie Plakate mit ihren Fotos und Namen tragen mussten.
Begleitet wurde die öffentliche Zurschaustellung von Polizisten in Schutzausrüstung, von denen einige Waffen trugen, während eine Menschenmenge zuschaute. Nach Angaben der Zeitung "Nachrichten aus Guangxi" werden die vier Männer beschuldigt, illegal Migranten über die Grenze nach China gebracht zu haben, obwohl diese wegen der Pandemie geschlossen ist. Die Maßnahme diene als "Warnung" und "Abschreckung".
Nach jahrzehntelangem Druck durch Menschenrechtsaktivisten hatte China 2010 die Methode abgeschafft, Kriminelle öffentlich an den Pranger zu stellen. Örtliche Regierungen setzen sie inzwischen aber wieder ein, um die Bevölkerung dazu zu bringen, sich an die überaus strikten Regeln im Kampf gegen das Coronavirus zu halten. China hat derzeit Schwierigkeiten, seine landesweite Null-Covid-Strategie durchzusetzen; im Februar sollen in China die Olympischen Spiele abgehalten werden.
In den Online-Netzwerken und auch in anderen Staatsmedien stieß der Pranger in Jingxi auf Kritik. Zwar stehe die unweit der Grenze gelegene Stadt "unter enormem Druck", das Einschleppen des Coronavirus zu verhindern, schrieb etwa die KP-Zeitung "Beijing News"; die Parade aber "verstößt eindeutig gegen den Geist der Rechtsstaatlichkeit und darf sich nicht wiederholen".