Umweltmediziner Hutter: "Darauf weisen wir seit 20 Jahren hin" - Sachverständiger empfiehlt Lüftungsanlagen für alle Klassen.
Wien. Regelmäßiges Lüften ist in den Schulen ein zentraler Baustein bei den Maßnahmen gegen eine Verbreitung des Coronavirus. Dabei gibt es allerdings ein Problem: Durch die schlechte Ausstattung bzw. strengen Sicherheitsvorkehrungen ist dies in vielen Bildungseinrichtungen nicht möglich. "Darauf weisen wir seit 20 Jahren hin", sagte der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter der APA.
Wie hoch genau der Anteil der Schulen mit schlechter Ausstattung ist, ist nicht bis kaum untersucht. Besonders bei den älteren Gebäuden sei aber klar, "dass diese nicht wie eine neue Campusanlage ausgerüstet sind", meinte Hutter. Schlecht gelüftete Räume sind jedoch der perfekte Boden für eine Verbreitung des Coronavirus. Die Aerosole verteilen sich in geschlossenen Innenräumen rasch im gesamten Raum und können dort längere Zeit in der Luft schwebend verbleiben.
Peter Tappler, federführender Sachverständiger des Arbeitskreises Innenraumluft im Umweltministerium, empfahl den Schulen dringend, zumindest alle - meist aus Sicherheitsgründen - versperrten Fenster zu entsperren. "Es muss beim Lüften halt jemand bei dem Fenster stehen und aufpassen, dass nichts passiert", so Tappler. Prinzipiell sollten die Klassenräume aber schnell mit Lüftungsanlagen ausgerüstet werden. "Ich verstehe nicht, wieso das noch nicht geschehen ist, die kosten 12.000 Euro und sind in einem Tag eingebaut", meinte der Sachverständige.
Zum generellen Lüften in der Corona-Zeit hat der Arbeitskreis Innenraumluft Empfehlungen für Schulen ausgearbeitet. Für Klassenräume wird dabei empfohlen, in jeder Unterrichtspause intensiv bei weit geöffneten Fenstern zu lüften. Bei Unterrichtseinheiten, die länger als 45 Minuten dauern, auch während des Unterrichts. "Dies ist ungeachtet anderer Schutzmaßnahmen wie dem Einhalten von Mindestabständen oder dem Tragen einer Mund-Nasen-Schutzmaske medizinisch notwendig", heißt es.
Bei Sport in Innenräumen muss ebenfalls für ausreichende Lüftung gesorgt werden. "Die Menge an emittierten Partikeln steigt mit der körperlichen Aktivität. Schon bei geringer Belastung ist die Atemfrequenz gegenüber Ruhephasen deutlich erhöht. Folglich sind Räume, in denen Sport betrieben wird, deutlich häufiger zu lüften", empfahlen die Experten.
Bei Fensterlüftung ist eine Querlüftung optimal, die über einen Durchzug - über möglichst gegenüberliegende weit geöffnete Fenster - Raumluft schnell gegen Frischluft austauscht. Als wirksam gilt aber auch eine Stoßlüftung bei weit geöffnetem Fenster über einige Minuten. "In stark belegten Räumen ist das alleinige Kippen der Fenster, auch wenn dies dauerhaft erfolgt, für eine ausreichende Frischluftzufuhr nicht ausreichend", warnte der Arbeitskreis. Der Einsatz von mobilen Luftreinigern in Klassenräumen kann das aktive Lüften nicht ersetzen, sondern allenfalls flankieren.