Die Menschenrechtskommissarin des Europarats hat angesichts der Coronavirus-Krise auf das hohe Gesundheitsrisiko für Gefängnisinsassen hingewiesen und mögliche Haftlockerungen gefordert.
Straßburg. Gefängnisse seien allgemein nicht genügend gegen eine Ausbreitung des Virus gewappnet und könnten empfohlenen Maßnahmen wie körperliche Distanz nicht umsetzen, betonte Dunja Mijatovic am Montag.
Um großflächige Ausbrüche in Haftanstalten zu verhindern, müssten die Mitgliedsstaaten alle Alternativen für eine Inhaftierung prüfen. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei Häftlingen mit Vorerkrankungen und älteren Insassen, die keine Bedrohung für die Gesellschaft darstellten, gegeben werden, so Mijatovic.
Verringerung der Inhaftierten "unabdingbar"
Eine Verringerung der Zahl der Menschen in Haft in Europa sei "unabdingbar, um die wirksame Umsetzung der Hygienevorschriften zu gewährleisten und den zunehmenden Druck auf das Gefängnispersonal und das Strafvollzugssystem insgesamt zu verringern", so die Kommissarin.
Der Europarat mit Sitz im französischen Straßburg kümmert sich um den Schutz und die Einhaltung der Menschenrechte in den Mitgliedstaaten.
Weltweit gibt es nach UNO-Angaben schätzungsweise rund elf Millionen Häftlinge. Viele von ihnen sitzen in überfüllten Gefängnissen oder haben wenig bis gar keinen Zugang zu Warmwasser, Seife und medizinischer Versorgung. Tausende Gefangene - vor allem solche, die wegen kleiner Delikte einsitzen - wurden deshalb vorzeitig freigelassen oder verbüßen ihre Strafen im Hausarrest. In Europa hatte beispielsweise Italien vorzeitig Häftlinge entlassen oder in Hausarrest geschickt. In Ländern mit schlechten Haftbedingungen kam es zu Krawallen und Fluchtversuchen, teilweise mit Verletzten und Toten.