Coronavirus

Zweifel bei 220.000 PCR-Tests in Tirol

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Das Land Tirol vergab einen Auftrag im Umfang von 8 Mio. Euro ohne Ausschreibung an die Wiener Firma HG Pharma.  

Dass das Land Tirol den Auftrag über die Abwicklung von PCR-Tests im Umfang von knapp acht Millionen Euro direkt und und ohne Ausschreibung - der Vertrag läuft noch bis Juni - der Wiener Firma HG Pharma erteilt hatte, steht weiter in der Kritik. Der "Standard" stellte nunmehr den Verdacht in den Raum, dass seit November "keine oder fachlich nicht richtige Tests geliefert wurden". Einer der Gründe: HG Pharma habe von einer Partnerfirma seitdem kein Material mehr erhalten.

Massive Ungereimtheiten

Von massiven Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der labortechnischen Befundung von Corona-Tests war die Rede. Es könne derzeit nicht belegt werden, ob rund 220.000 PCR-Tests von September bis Ende März fachlich richtig analysiert wurden. Partner der Tochterfirma HG Lab Truck GmbH mit Sitz in Kirchberg in Tirol sei nämlich das Salzburger Unternehmen Procomcure Biotech gewesen. Das Unternehmen habe der Wiener Urologe und HG-Pharma-Chef Ralf Herwig als seinen Partner ausgegeben und von diesem habe auch das Konzept gestammt, welches das Land letztlich überzeugte, hieß es laut Recherchen des "Standard" in seiner Dienstagsausgabe. Doch Procomcure Biotech habe die Zusammenarbeit mit Herwig bzw. HG Lab Truck bereits im November eingestellt - zuvor war im September der Tiroler Auftrag erfolgt. Die Tochterfirma habe laut den Salzburgern die Rechnungen nicht bezahlt, weshalb man die Zusammenarbeit beendete. Mittlerweile sei eine Klage mit Forderungen in Millionenhöhe gegen Herwigs Firma anhängig.

Es sei zudem die Frage offen, wer die PCR-Tests befundet hatte. Dazu bedürfe es eines Facharztes, der Herwig - da Urologe - nicht sei. Eine im Sommer angestrebte Kooperation von HG Pharma mit einem Augsburger Labormediziner sei letztlich nicht zustande gekommen, so der "Standard".

Disziplinarkommission  

Herwig selbst dürfe laut dem Bericht nicht mehr als Arzt praktizieren, wie die Ärztekammer bestätigt habe. Aufgrund einer von der Disziplinarkommission für Wien verhängten einstweiligen Maßnahme sei er derzeit nicht zur ärztlichen Berufsausübung berechtigt. Am Freitag muss sich der Urologe am Wiener Straflandesgericht wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung mit Dauerfolgen und des schweren Betrugs verantworten. Er soll zwischen 2013 und 2017 fünf Männer, die sich wegen Erektionsproblemen zu ihm in Behandlung begeben hatten, falsch diagnostiziert und in weiterer Folge bei den Patienten gefäßchirurgische Eingriffe vorgenommen haben, die nicht dem Stand der Wissenschaft entsprachen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Das Land hatte zuletzt in der Causa den von der oppositionellen Liste Fritz erhobenen Vorwurf der Freunderlwirtschaft entschieden zurückgewiesen und bezüglich der Auftragsvergabe von einem rechtskonformen Vorgehen gesprochen. Zudem verwies man auf den damaligen großen Zeitdruck und das gute Angebot der HG Labtruck. Das Unternehmen sei geeignet gewesen, "in der Pandemiesituation dem Land zu gewährleisten, dass PCR-Laborbefunde innerhalb kürzester Zeit mit entsprechender Qualität und in Zusammenarbeit mit weiteren externen Partnern wie etwa der Rettungsdienst Tirol GmbH insgesamt ökonomischer und flexibler als die bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Abläufe zur Verfügung gestellt werden". Auch Herwig selbst bestritt den "Vitamin B"-Vorwurf. Gegenüber dem "Standard" sollen aber auch andere Tiroler Labore angegeben haben, dass sie die Leistungen durchaus hätten erbringen können, sie seien aber nicht gefragt worden. 

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