Protest

Online-Knast für Raubkopierer

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Mit der Kampagne "Privat kopieren ist kein Verbrechen" protestieren die deutsche Verbraucherzentrale und weitere Vereine gegen den Anti-Kopier-Wildwuchs und gegen Allmachtsphantasien der Unterhaltungsindustrie.

Der deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), das Online-Netzwerk Campact, die Fairsharing-Kampagne und das Netzwerk freies Wissen haben heute die gemeinsame Kampagne "Privat kopieren ist kein Verbrechen" gestartet. Die Organisationen fordern die Novellierung des Urheberrechts zu nutzen, um die Kriminalisierung von Millionen Bürgern zu beenden. Unter dem Motto "Privat kopieren ist kein Verbrechen!" startet heute das weltweit erste Internet-Gefängnis. Bürger können unter www.wir-haben-privat-kopiert.de ein eigenes Bild hochladen und damit in das Gefängnis einziehen.

"Raubkopierer sind Verbrecher"
Die Protestaktion richtet sich direkt gegen die von der Film- und Musikindustrie gestartete und stark umstrittene Kampagne "Raumkopierer sind Verbrecher". In deren Werbespots kommen Personen ins Gefängnis, weil sie Filme aus dem Internet heruntergeladen haben oder Kopien von Musik-CDs angefertigt haben. Das soll nach Ansicht der Rechteverwerter Raubkopierer abschrecken. Ein Unterschied zwischen kommerziellen Raubkopierern und Privatpersonen, die Musik oder Filme ausschließlich für den persönlichen Gebrauch kopieren wird dabei bewusst nicht gemacht.

"Es ist absurd, Millionen Bürgern mit Gefängnis zu drohen und sie auf eine Stufe mit kommerziellen Produktpiraten zu stellen", so Christoph Bautz vom Online-Netzwerk Campact. "Bei einer Kopie für den eigenen privaten Gebrauch handelt es sich schlimmstenfalls um eine Bagatelle."

Die Kampagne fordert deshalb den Rechtsausschuss des deutschen Bundestages auf, bei den in den nächsten Wochen anstehenden Beratungen die Interessen der Verbraucher zu berücksichtigen und deshalb eine Bagatellklausel in das Gesetz aufzunehmen. "Der Gesetzgeber muss beim Download oder der Kopie von kopiergeschützter Musik oder Filmen für den privaten Gebrauch angemessen reagieren", so Oliver Moldenhauer von der Fairsharing-Kampagne und dem Netzwerk freies Wissen.

Kein Recht auf Privatkopie
Seit dem ersten Korb der Urheberrechtsnovelle ist die Privatkopie nicht mehr erlaubt, wenn für die Kopie ein wirksamer technischer Schutz umgangen werden muss. "Damit wird das Recht auf Privatkopie faktisch abgeschafft", sagte Patrick von Braunmühl, stellvertretender Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands. "Der Verbraucher hat noch nicht einmal einen Anspruch auf eine Sicherungskopie."

Auch die Klausel des "wirksamen technischen Schutzes" eines Mediums gegen Kopieren selbst sorgt für kontroverse Diskussionen. Das Gegenargument: Wenn ein Kopierschutz bereits routinemäßig und ohne jegliches Know-How umgangen werden kann - womöglich noch mit Standard-Software - ist dieser Kopierschutz nicht mehr "wirksam" und seine Umgehung damit auch nicht mehr verboten. Rechtsexperten verschiedener Anit-Piraterie-Vereinigungen sehen das naturgemäß anders.

Zusätzliche Brisanz gewinnt nach Ansicht der Kampagne der Entwurf zum neuen Urheberrecht mit dem ebenfalls geplanten "zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber Dritten". Medienkonzerne sollen das Recht erhalten, von Internetserviceprovidern die Herausgabe persönlicher Daten der Kunden zu erzwingen, die dann mit Klagen überzogen werden könnten. "Eine solche Privatisierung unseres Rechtssystems dürfen wir nicht hinnehmen", sagte Moldenhauer.

Kein Aufruf zum Rechteverstoß
Man wolle mit der Aktion keinesfalls dem Verstoß gegen Urheberrechte das Wort reden, bekräftigt Patrick von Braunmühl aus dem vzbv-Vorstand. Die Balance zwischen Nutzern und Verwertern sei im Urheberrecht aber "aus dem Tritt gekommen". Nutzerrechte würden im Wesentlichen nicht mehr existieren, wie eine Studie seines Verbands nachgewiesen habe.

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