Steirische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Google zerschlagen werden sollte
Die weltgrößte Internet-Suchmaschine Google sollte zerschlagen werden. Zu diesem Schluss ist eine Studie der TU Graz mit Unterstützung des Infrastrukturministeriums gekommen, die jetzt im Internet veröffentlicht worden ist. Studienautor und Informatik-Professor Hermann Maurer zufolge gefährdet Google nicht nur unsere Wahrnehmung von Realität sondern auch die bestehenden Wirtschafts- und da vor allem die Kapitalmarktmechanismen.
Monatlich 37 Mio Suchabfragen
Jedes Monat werden laut dem
internationalen Marktforschungsunternehmen ComScore mittlerweile weltweit 61
Milliarden Suchabfragen im Internet abgesetzt, 37 Milliarden davon über
Google. Jeder Internetnutzer weltweit sucht damit im Durchschnitt nach 81
Begriffen monatlich. In Österreich wird Google laut Austrian Internet
Monitor bereits von fast 95 Prozent der Internetnutzer verwendet. Selbst
heimische Journalisten beginnen nach einer Online-Befragung der Universität
bereits sechs von zehn Recherchen mit "googeln".
"Jeder, der die Situation betrachtet, muss sich dessen bewusst sein, dass Google in noch nie dagewesener Art Macht angehäuft hat und damit unsere Gesellschaft in Gefahr bring", sagte Maurer.
Bis 70 Prozent der Studenten geben Plagiate zu
Die Studie erwähnt
unter anderem, dass heute bereits je nach Umfragen ein Drittel bis 70
Prozent aller Studenten angeben, schon einmal Teile ihrer Arbeiten kopiert
zu haben. Nach einer US-Untersuchung hat sich dieser Anteil in fünf Jahren
verdoppelt. Google hätte zwar die Möglichkeit, Plagiate zu verfolgen und
geistiges Eigentum zu schützen, habe sich aber dazu entschieden dies nicht
zu tun - aus starken wirtschaftlichen Gründen, wie Maurer mutmaßt.
Starke Koop mit Wikipedia
Auf der anderen Seite warnt der
Computer-Experte aber vor allem auch vor der Verzerrung der Realität. In der
Studie glauben die Autoren nachgewiesen zu haben, dass Google eng mit
Wikipedia zusammenarbeite. Während bei Google für willkürlich gewählte
deutschsprachige Suchbegriffe in 70 Prozent der Fälle Wikipedia das erste
Suchergebnis darstellte, seien es bei Yahoo nur 50 Prozent gewesen, bei
Altavista nur 45 Prozent und bei Microsoft Live nur 21 Prozent. Entspreche
die "Google-Wikipedia-Version der Realität" nicht der Wirklichkeit, bestehe
die große Gefahr, dass durch das "Googeln" nach Information zu einer
verzerrten Wahrnehmung führe, die sich durch das
"Google-Copy-Paste-Syndrom", wie es einer der Autoren nennt, rasch
vervielfältige.
Kapitalmarkt gefährdet?
Gleichzeitig kommt die Untersuchung
zu dem Schluss, dass Google beinahe universelles Wissen darüber erreicht
habe, was auf der Welt gerade geschieht. Mit diesem Wissen könne das
Unternehmen an den Börsen ohne Risiko Aktien kaufen und verkaufen. In
manchen Bereichen könne Google mittlerweile gesichert die Entwicklung
voraussagen. Spieltheoretisch basiere Handel jedoch auf dem Faktum, dass
niemand über komplette Information verfüge und daher manchmal verliere und
manchmal gewinne. "Jeder Spieler, der nie verliert gefährdet daher die
Grundfeste des Kapitalmarktes", so die Studie.
Regulierung gefordert
Kein Land könne bestimmte
Grundversorgungsbereiche wie Grundschule, Verkehrsinfrastruktur,
Medikamentenzulassung oder Ähnliches dem freien Markt überlassen. Man müsse
"erkennen, dass auch das Internet eine solche Regulierung benötigt",
forderten die Studienautoren. Wenn dies international nicht möglich sei,
müssten Kartellverfahren eingeleitet werden, durch die Google in immer noch
große und überlebensfähige Firmen aufgeteilt werde - mit klaren Trennwänden
dazwischen.
Deutlich spricht sich Maurer deshalb auch gegen den jüngsten Google-Zukauf DoubleClick aus. Die EU-Kommission hatte erst vor zwei Wochen moniert, die 3,1 Mrd. Dollar (2,1 Mrd. Euro) schwere Übernahme der Online-Anzeigenfirma durch Google könne den Wettbewerb am Markt für Werbe-Vermittlung im Internet behindern. Insbesondere will sie im Genehmigungsverfahren die Frage beleuchten, ob DoubleClick, eigenständig geblieben, zu einem ernsthaften Konkurrenten für Google geworden wäre. Nach einer vertieften Prüfung will die EU-Kommission bis zum 2. April 2008 über die Großübernahme entscheiden.