Die Diabetestherapie entwickelt sich rasant weiter. Neue Medikamente ermöglichen es, das Risiko für gefürchtete Begleiterkrankungen eines Typ-2-Diabetes zu senken und unterstützen u. a. auch die Gewichtsabnahme.
Diabetes mellitus ist eine komplexe Erkrankung, die durch den Verlust oder die Fehlfunktion der insulinproduzierenden Betazellen gekennzeichnet ist. Die Zellen befinden sich in den Langerhansschen Inseln, einem "Mikroorgan" der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), und sind für die Kontrolle des Blutzuckerspiegels verantwortlich. Die Folgen des Diabetes sind chronisch hoher Blutzucker, systemische Stoffwechselstörungen und -unbehandelt bzw. schlecht behandelt - Multiorganschäden. Denn verbleibt Zucker zu lange im Blut, schädigt er das Nerven- und Herz-Kreislauf-System. Daher erhöht Diabetes massiv das Risiko für lebensbedrohliche Schlaganfälle und Herzinfarkte, Durchblutungsstörungen sowie chronische Wunden (Anm.: häufige Folge sind Amputationen), Nieren-sowie Leberschäden und Erblindung. Mediziner:innen verstehen es immer besser, in Stoffwechselvorgänge einzugreifen, wodurch sowohl Diabetes-Typ-1-als auch Typ-2-Patient:innen der Alltag erleichtert werden kann. Zudem sind neue Medikamente in der Lage, Menschen mit Typ-2-Diabetes mehr Lebensjahre in einem guten Allgemeinzustand zu verschaffen.
Typ-2-Diabetes besser behandeln
Laut Ö. Diabetes Gesellschaft (ÖDG) beziehen sich die zentralen Verbesserungen für Menschen mit Diabetes Typ 2 auf die Blutzuckerkontrolle und die Verhinderung von Begleit- oder auch Folgeerkrankungen. Moderne Geräte zur kontinuierlichen Blutzuckermessung zeigen jederzeit den Gewebezuckerwert an, wodurch gefährliche Blutzuckerschwankungen (Anm.: Über- und Unterzuckerung) vermieden werden können.
Schutz für die Organe
Fortschritte gibt es auch im Bereich der medikamentösen Behandlung. Eine Diabetes-Behandlung wird v. a. mit Insulingabe assoziiert. Insulin ist das Hormon aus der Bauchspeicheldrüse, das den Blutzuckerspiegel senkt, indem es Zucker aus dem Blut in die Zellen schleust und viele Stoffwechselreaktionen beeinflusst. Ist die Insulinproduktion gestört, kann ein Insulinmangel durch die Gabe eines künstlich oder biotechnisch hergestellten Präparats ausgeglichen werden. Jedoch benötigen nicht alle Menschen mit Typ-2-Diabetes Insulin. Denn zu Erkrankungsbeginn funktioniert bei Typ-2-Diabetes die Insulinproduktion noch. Die Zellen jedoch reagieren immer schlechter auf Insulin (Insulinresistenz), wodurch Zucker im Blut verbleibt. Ist die Bauchspeicheldrüse noch funktionsfähig, wird zunächst eine medikamentöse Therapie mit oralen Antidiabetika begonnen. Eine neue Medikamentengeneration kann dabei weitaus mehr als nur den Blutzuckerspiegel regulieren. Neue (verschreibungspflichtige) Präparate senken Risiken für vielfältige Diabetesfolgen deutlich -sie schützen u. a. Herz und Nieren: Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte und Schlaganfälle wird um rund 15 Prozent reduziert und das generelle Mortalitätsrisiko um bis zu 30 Prozent.
Fokus auf Adipositas
Weiters können die Medikamente Menschen mit Übergewicht bei der Gewichtsreduktion unterstützen. Eine der Substanzen leitet den im Blut überschüssigen Zucker über den Urin aus, wodurch die Gewichtsabnahme gefördert wird. Ein weiteres Präparat reduziert neben den Blutzuckerwerten auch den Hunger, indem das Sättigungsgefühl verbessert wird. Laut Studienergebnissen sei dadurch in den ersten zwölf Monaten der Einnahme eine Gewichtsreduktion von acht bis zehn Prozent möglich. Da neun von zehn Menschen mit Typ-2-Diabetes übergewichtig sind und Übergewicht mit diversen Komorbiditäten einhergeht, ist dieser Benefit für zahlreiche Betroffene von großer Bedeutung (Anm.: Patient:innen sind komorbid, wenn sie an zwei oder mehr diagnostisch unterscheidbaren Erkrankungen leiden). Wichtig für den Erfolg sind allerdings eine frühe Diagnose und ein guter Lebensstil.
Diabetes, erklärt:
Arten: Es gibt verschiedene Diabetesformen, darunter Typ 1, Typ 2 und Schwangerschaftsdiabetes. Die häufigste ist Typ-2-Diabetes.
Diabetes Typ 2: Die Wirkung des körpereigenen Hormons Insulin reduziert sich, weswegen der Blutzucker steigt. Dabei werden zwei Ursachen unterschieden:
1. Insulinresistenz bei übergewichtigen Patient:innen. Die Zellen reagieren nicht mehr auf das Insulin.
2. Eine Schwäche der körpereigenen Insulinproduktion. Es kommt zu einer verminderten Ausschüttung des Hormons. Sowohl die Gene als auch der Lebensstil spielen bei der Entstehung eine Rolle. Wesentliche Risikofaktoren sind Übergewicht und Bewegungsarmut.
Diabetes Typ 1: Die Insulin produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse werden von der eigenen Immunabwehr zerstört. Es wird also kein Insulin produziert (Anm.: absoluter Mangel).
Über die Erfolge der diabetologischen Forschung: Innovation Im Blick
Neue Insuline
Insulin ist ein Hormon, das von der Bauchspeicheldrüse produziert wird, um den Zucker zur Energiegewinnung in die Zelle zu transportieren - es hält den Blutzuckerspiegel konstant in einem Bereich. Bei Typ-1-Diabetes (Anm.: Autoimmunerkrankung) produziert der Körper zu wenig oder gar kein Insulin. Betroffene müssen das fehlende Insulin zuführen. Bei Typ-2-Diabetes reagiert der Körper initial nicht mehr gut auf noch vorhandenes Insulin (Insulinresistenz). Dies kann in einem fortgeschrittenen Stadium die Bauchspeicheldrüse derart beeinträchtigen, dass kaum oder gar kein Insulin mehr produziert wird. Dann ist ebenfalls eine Insulingabe erforderlich. Neue Insuline erlauben einen flexibleren Einsatz und eine bessere Vorhersagbarkeit der Wirkung. Dadurch konnte das Risiko für gefährlichen Unterzucker (Hypoglykämie) bei einer Insulintherapie über die letzten 20 Jahre halbiert werden.
Neue Medikamente
Zuckersenkung mit Mehrwert. Neue Präparate für Menschen mit Typ-2-Diabetes senken Risiken für vielfältige Diabetesfolgen (Herzinfarkte, Schlaganfälle) deutlich. Auch gefährliches Übergewicht kann reduziert werden. Gut zu wissen : Wird übermäßiges Körpergewicht um 15 Prozent reduziert, kann sogar ein Verschwinden der Krankheit (Remission) erzielt werden.
Hightech-Geräte
Verbesserte Geräte zur kontinuierlichen Blutzuckermessung zeigen jederzeit den Gewebezuckerwert an. So wird die Zeit im Unterzucker je nach Studie um ein Drittel reduziert. Neue Insulinpumpen: AID-Systeme (AID steht für Automated Insulin Delivery )/ die "künstliche Bauchspeicheldrüse"/ Hybrid Closed Loop für Menschen mit Typ-1-Diabetes. Sie werden via Algorithmus gesteuert und können Glukoseschwankungen deutlich reduzieren -insbesondere nachts.