Buch der Woche

Kehlmann: Über einen, der auszog, um ins Nazi-Europa zurückzukehren

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Das ist keine Heldengeschichte, die der deutsch-österreichische Schriftsteller Daniel Kehlmann – nach einer längeren Roman-Publikationspause – hier für seine Leser parat hält. „Lichtspiel“ handelt von G. W. Pabst, zu Stummfilmzeiten quasi der größte europäische Regisseur von allen.

Er hat die Garbo bekannt gemacht, Filmklassiker kreiert. Doch dann kommt der Zweite Weltkrieg und er flüchtet mit seiner Familie in die USA. Setzt sich dort, unter der Sonne Kaliforniens, die Erfolgsgeschichte eines Künstlers fort? Nein. Pabst, kann kaum Englisch, versteht die Art der Amerikaner, Business zu machen sowieso nicht und der Film, den er nicht machen wollte, floppt gnadenlos. Pabst kehrt gebrochen nach Europa zurück, zur kranken Mutter, die in ... Österreich lebt! Seiner entsetzten Frau und ihrem entwurzelten Sohn erklärt er, es sei nur kurz. Doch dann bricht der Krieg aus, die Grenzen werden geschlossen, und der große Filmemacher, der einst der rote Pabst genannt wurde, muss mit den Nazis packeln und seichte Romane verfilmen.

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Ähnlich. Autor Daniel Kehlmann ist die Welt des Films nicht fremd; sein Vater war der 2005 verstorbene Regisseur Michael Kehlmann. In dessen Vita finden sich große Ähnlichkeiten zu Pabst.

Heike S
© Heike S

Vater konnte nicht mehr arbeiten

Berühmt. Daniel Kehlmann sagte 2009 in einem Interview mit Klaus Nüchtern, dass sein Vater „in den sechziger, siebziger und bis Anfang der achtziger Jahre einer der berühmtesten österreichischen Regisseure war“, doch danach aus verschiedenen Gründen nicht mehr arbeiten konnte. Seine Art zu inszenieren sei nicht mehr zeitgemäß gewesen. Ähnlich ging es Pabst, dessen Erfolgsmedium der Stummfilm war.

Berühmt. Daniel Kehlmann ist mit „Lichtspiel“ ein großer Wurf gelungen. Er schafft es, den großen Bogen zu spannen und erwischt die kleinen Details. So ist Pabsts Leben manchmal skurril wie seine surrealen Filme und Nazis so grausig, wie man sie sich vorstellt.

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