Viel Applaus

“Frau Luna" feierte Premiere

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Volksoper Wien. Peter Lund inszeniert die Lincke-Operette als unterhaltsames Ausstattungsstück.

Premiere. Es funkelt und glitzert in der Wiener Volksoper. Egal ob als goldenes Ganzkörperkostüm, sternenübersäter Himmel oder leuchtender LED-Blumenstrauß: Knapp drei Stunden lang zogen Kostüm und Bühnentechnik am Samstagabend bei der Premiere von Peter Lunds Inszenierung der Operette "Frau Luna" von Paul Lincke alle Register. Gesungen wurde auch, die durchgehend solide Leistung von Ensemble und Orchester trat neben fliegenden Autos, Glitzer sprühenden Ballons und der allgemeinen Kostümgewalt allerdings zeitweise in den Hintergrund. Dem Publikum gefiel es, lange anhaltender Applaus.

"Frau Luna"
Die Welt ist für den Ingenieur Fritz Steppke (Daniel Prohaska) im Berlin des anbrechenden 20. Jahrhunderts einfach zu klein, zusammen mit seinen Freunden, dem Dichter August Lämmermeier (Andreas Daum) und "Oberst" Pannecke (Carlo Hartmann), möchte er zum Mond fliegen. Im Weg steht diesem Traum zunächst aber nicht nur seine Vermieterin Frau Pusebach (Isabel Weicken), sondern auch deren Nichte Marie (Johanna Arrouas). Immerhin erwartet diese ein Kind von Fritz. Dennoch funktioniert er sein kleines Untermieterzimmer zur Raketenstation um und entschwindet mitsamt seinem Bett Richtung All.

Aufwendiges Bühnenbild
Dabei bleibt bei Lunds Inszenierung nur wenig der Fantasie des Zusehers überlassen. Dafür sorgt das aufwendige Bühnenbild von Sam Madwar, das zusätzlich durch Projektionen ergänzt wird. Erzählt die Vermieterin von ihrem verlorenen Liebsten, erscheint ein Männergesicht am Vollmond, seufzt Marie, ziehen Wolken durch. Und auch das Bett des Mondfahrers hebt am Ende tatsächlich von der Bühne ab. Das Berliner Setting unterstreichen die Darsteller auch durch einen kräftigen Dialekt – allerdings berlinert es je nach Szene mal mehr, mal weniger.

Am Mond angekommen, steht der Verwandlung der Bühne in ein funkelndes Sternenzelt mit metall-silbrigen Elementen nichts mehr im Wege. Hier treffen sich zwei konträre Welten. Denn – bisher unentdeckt – lebt hier das Mondvolk, regiert von ihrer gelangweilten Monarchin Frau Luna (Julia Koci). Österreichische Gemütlichkeit ist hier an der Tagesordnung, vor allem der Kommandant der Mondpolizei, Theophil (Boris Eder), hält die stark an k. und k.-Österreich erinnernden Sitten hoch. Beinahe alles ist hier aus weißem Tüll, auch die Gesichter der Mondbewohner sind in passendes Weiß getaucht. Die Neuankömmlinge bringen allerdings nicht nur jede Menge "Berliner Luft" (mit Glitzer), sondern auch allerhand Umsturzideen mit.

Witzige Dialoge
Der Rest ist das Aufeinanderprallen von Fortschrittsgedanke und Behäbigkeit, Demokratie und Monarchie, Preußen und Österreich und von Buletten und Fleischlaberl. Auch die eine oder andere amouröse Verwirrung darf natürlich nicht fehlen. Dabei lebt das Stück vor allem von witzigen Dialogen – auch wenn die eine oder andere Zweideutigkeit überstrapaziert wird – und vielen Referenzen an österreichisches und deutsches Kulturgut. Von "ein großer Schritt für die Menschheit" bis "es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut" ist hier alles dabei.

Allerdings wird es manchmal fast ein bisschen zu voll und kunterbunt auf der Bühne. Vor allem der Hofstaat des Mondes erlaubt den tiefen Griff in den Kostümfundus von Daria Kornysheva. Neben schrägen silbernen Sprayfrisuren und jeder Discokugel Konkurrenz machenden Kleidchen an Hofdamen und Herrscherin tauchen etwa plötzlich alle Sternzeichen in goldenen Ganzkörperkostümen auf. Zwischendurch tänzeln glitzernde Wolken mit LED-Sternenhaarreifen durchs Bild. Um Hofstaat zu halten, schwebt Frau Luna ganz in Gold auf einer Mondsichel herab.

Keine Zeit für Verschnaufpause
Kurzweilig ist das Spektakel allerdings allemal: Bereits das Intro wird von einem kurzen Film begleitet, in dem die Reise vom Mond bis nach Berlin nachgezeichnet wird; die aufwendigen Kostüme und Szenen lassen kaum einen Moment Verschnaufpause. Schade nur, dass Musik und Gesang dabei ab und zu in den Hintergrund treten, die Sänger und das Orchester unter der Leitung von Gerrit Prießnitz hätten sich mehr Aufmerksamkeit verdient. Viel Applaus gab es dennoch, vor allem für die weiblichen Hauptrollen sowie den herrlich grantigen Mondhausherren Theophil.

"Berliner Luft" am Originalschauplatz
"Berliner Luft" gibt es bald auch am Originalschauplatz. Ab 19. Juni wird Linckes 1899 uraufgeführte Operette an der Berliner Volksbühne zu sehen sein. Hier zeichnet Herbert Fritsch für die Regie verantwortlich. Dass es in dieser Inszenierung auch so glitzert und glänzt, darf bezweifelt werden – immerhin verspricht die Vorschau eine "sehr neue und eigene Klangwelt".

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