Am Donnerstag startet im Theater an der Wien „The Rake’s Progress“. Wegen expliziten Puff-Szenen erst ab 18 freigegeben!
Nikolaus Harnoncourt und Martin Kusej sind das Dream-Team des Musiktheaters. Der steirische Großmeister des Originalklangs und der slowenisch-kärtnerische Erfinder apokalyptischer Bilder haben seit 2002 vier glorreiche Opernproduktionen gefertigt: Mozarts Don Giovanni und La clemenza di Tito bei den Salzburger Festspielen, Die Zauberflöte und Schumanns Genoveva im Opernhaus Zürich – unerreichte musikalische und szenische Meisterwerke. Am Donnerstag bringen Harnoncourt und Kusej im Theater an der Wien The Rake’s Progress heraus, die in Hollywood komponierte, 1951 in Venedig uraufgeführte einzige abendfüllende Oper von Igor Strawinsky.
Bordelle
W. H. Audens Libretto basiert auf der Kupferstichserie
von William Hogarth, der mit beißender Ironie die Unsitten des 18.
Jahrhunderts anprangerte. Der junge Lebemann Tom Rakewell verlässt seine
Geliebte Anne Trulove, um sich mit dem Teufel Nick Shadow in den Casinos
und Bordellen Londons zu vergnügen; am Schluss stirbt er in Bedlam, dem
berüchtigten Londoner Irrenhaus.
Kusej siedelt seine Inszenierung hier und heute an: „Wien 2008“ prangt in großen Lettern über der Szene. „Tom Rakewell ist ein junger Mann, der von Nick Shadow verführt wird“, sagt Kusej. „Dieser Shadow ist die Emanation der Wünsche nach Reichtum, Glück, Berühmtheit. Der große Verführer heutzutage ist das Fernsehen. In Starmania werden Träume nach Star-Sein geweckt, die nicht in Erfüllung gehen. Die jungen Leute werden in den Himmel gehoben, ausgepresst und fallen gelassen. So geht es auch Tom Rakewell.“
Nacktszenen
Dass aufgrund einer (angesichts des pornografischen
Angebots im Internet) weltfremden Jugendschutzbestimmung die Oper, in der
Toms Erfahrungen im Freudenhaus von Mother Goose durch deftige Nacktszenen
illustriert werden, erst ab 18 besucht werden darf, überrascht Kusej: „Ich
würde mit meinem 8-jährigen Kind in diese Aufführung gehen, sogar mit meiner
Mutter.“ Und Harnoncourt: „Diese Altersbeschränkung wundert mich, wenn doch
16-Jährige wählen können. Meinen Enkelkindern würde ich diese Vorstellung
schon zutrauen.“ Strawinsky ist jedenfalls, so Harnoncourt „eines der großen
Genies. Von Russland bis Amerika ist alles in ,The Rake’s Progress', und
alle Musiken, die es gibt, von 1700 bis 1950. Aber nichts in reiner Form,
sondern alles durch die Brille Strawinskys.“
Foto (c): Symbolfoto, Kusjes Inszenierung "Macbeth", Bayrische Oper München