Maximilian Hecker versucht das Publikum auszublenden. Während er am Klavier sitzt und seine unendlich traurigen Lieder singt, ist es ihm am liebsten, "wenn man nicht direkt auf mich schaut", bekannte der Berliner Sänger im APA-Gespräch. "Deswegen mache ich so gerne Straßen- oder Barmusik".
Bei seinem Konzert am Montag (22.3.) im Wiener WUK fing Hecker schon mal klammheimlich zu spielen an, ehe die Türen aufgemacht wurden. Sobald jeder einen Sitz-und Schmelzplatz gefunden hatte, ruhten freilich trotzdem alle Augen andächtig auf dem schmalen Mann mit der Wollhaube. "Gefühl ist der einzige Grund für mich, Musik zu machen", sagt Hecker. Gefühl pur ist seine Musik mit ihren zerbrechlichen Melodien und schweren Textfragmenten, die leicht darüber liegen. Dass so eine Zerbrechlichkeit im Pop-Business nicht immer gesund ist, hat Maximilian Hecker mittlerweile gelernt. "Ich hatte mich daran gewöhnt, dass man auf der Bühne und im Studio leidet. Es ist so wie in diesen Casting-Shows, es geht um Leistung, Gewinnen, Versagen. Das hat sehr protestantische Züge." Aber eine kräftige Schaffenskrise später hat Hecker nun "den Mut, unprofessionell zu sein."
Auf der Bühne haut er schon mal daneben in die Tasten und kümmert sich nicht darum. Sein neues Album "I am nothing but emotion, no human being, no son, never again son" (erscheint am 26.3.) hat er statt im idealen Studiosetting jeweils im Moment des Komponierens und Improvisierens der Songs aufgenommen. "Es geht nicht mehr um das Lied oder um den Klang, nur noch um den Moment", sagt er und nennt die neuen Werke "Gefühlsdokumente". Dass sie ausschließlich Traurigkeit dokumentieren, ist so aber nicht ganz richtig: Traurigkeit und Glück seien in ihrem Wesen dasselbe, sagt Hecker - ab einer gewissen Intensität.
Und so leuchten in den Augen der Mädchen, ihrer besten Freundinnen und derer, die es geschafft haben, ihren Partner zum kuscheligen Mitkommen zu überreden, kleine Rührungs- und Freudentränen, die beim Lachen überschwappen, wenn Hecker sich zwischen zwei fragilen Balladen urplötzlich zum Mikro dreht und "Seid ihr gut drauf?!" hineinbrüllt. Dass nicht nur Glück, Traurigkeit und, wenn wir schon dabei sind, Zynismus angesichts solchen Gefühlsüberschwangs dabei ganz schnell zur Unkenntlichkeit ineinander verschwimmen, sondern auch alle Songs des Abends zu einer einzigen, innigen Melodie zusammenschmelzen, hat allerdings nicht nur mit ihrer verwandten Machart zu tun. Es liegt auch an der Vorliebe des Liedermachers, von fast jedem Song unmittelbar in den nächsten überzuleiten - als wolle er verhindern, dass ihn der Applaus an die Anwesenheit von Publikum erinnert.
(S E R V I C E - http://www.maximilian-hecker.com)