Oper

Jetzt spricht Holender

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Erstmals nach dem Eklat bei der "Macbeth"-Premiere an der Wiener Staatsoper nimmt Direktor Holender Stellung.

Schon während der Vorstellung wurde Vera Nemirovas Macbeth vom Publikum gestört. Danach gab es einen Buh-Orkan. Ioan Holender kritisiert diese „animalische Ablehnung“. Und freut sich auf Tristan (14. 12.) das Villazón-Comeback (22. 3.), Medea (28. 2.) und Tannhäuser (16. 6.).

ÖSTERREICH: Woher kam der Buh-Orkan bei der „Macbeth“-Premiere?

Ioan Holender: Die lautesten Proteste kamen von jenem Teil des Wiener Publikums – und von jenem Teil der Wiener Kritiker –, die mit vorgefassten Meinungen in eine Neuinszenierung kommen und diese sofort ablehnen. Ohne sich die Mühe zu nehmen, ohne die Neugierde zu haben, sich auf eine andere Sichtweise einzulassen. Leider ist auch das Wien!

ÖSTERREICH: Für die Künstler muss so ein Buh-Orkan ja die Hölle sein ...

Holender: Die Künstler versuchen dem Publikum nach bestem Wissen und mit Herzblut etwas zu geben. Wenn aber ein Teil des Publikums sich so gebärdet, dass sie die Feinde der Künstler sind; wenn sie nicht nehmen wollen, sondern das anspucken, was man vorhat, ihnen zu geben ... dann ist dieses stille Abkommen gebrochen. Diese feindselige Stimmung, dieses laute Gebrüll, diese animalische Ablehnung – das geht den Künstlern furchtbar nahe! Trotzdem müssen sie weitersingen und -spielen.

ÖSTERREICH: Vor allem die Inszenierung Vera Nemirovas wurde ausgebuht. Gab es da nur ästhetische Gründe?

Holender: Die Nemirova hat an der Staatsoper eine sehr erfolgreiche, sehr „politische“ Pique Dame inszeniert. Sie ist ein Symbol ... So höre ich, dass es schon vor der Macbeth-Premiere Drohungen gab – „die wird das nicht überleben!“ Und schon zur Generalprobe seien etliche gekommen, um sich für ihre Buh-Aktion „vorzubereiten“ ... Es könnte mir ja egal sein, ich bin in sechs Monaten weg. Aber ich wäre eine traurige Figur, wenn wir uns dem nicht stellen und künftig nur noch alte Inszenierungen ansetzen würden.

ÖSTERREICH: Gegen Ende Ihrer Direktionszeit holen Sie sogar Claus Guth für den „Tannhäuser“ ...

Holender: ... und der Tannhäuser ist ja ein „Heiligtum“! Da kann ich Ihnen schon einige Reaktionen prognostizieren ...

ÖSTERREICH: Kommen wir zur näheren Zukunft: Am Montag kommt „Tristan“ – mit einem Star am Pult ...

Holender: Dass Simon Rattle – nach seinen positiven Erfahrungen mit Parsifal – ans Haus zurückkehrt, macht mich sehr froh. Und auch hier irrten manche Journalisten, die damals orakelten: Rattle käme einmal und nie wieder! Das Gegenteil ist der Fall: Er hat mein Angebot für den Tristan gerne angenommen.

ÖSTERREICH: Rolando Villazón wird sein Comeback in Wien starten. Wie haben Sie das geschafft?

Holender: Ich war mit Villazón seit Monaten in Kontakt. Ich gehörte nicht zu jenen, die mit größter Schadenfreude das Ende seiner Karriere prognostizierten. Und ich schätzte neben seinen künstlerischen Fähigkeiten auch die Intelligenz dieses Mannes immer sehr hoch ein: Wenn einer sein Comeback intelligent zu planen imstande ist, dann Villazón! So habe ich den Liebestrank für ihn „gehalten“. Mir war wichtig, dass die Wiener Staatsoper das erste Haus für seine Rückkehr auf die Bühne ist.

ÖSTERREICH: Bald kommt auch eine Uraufführung ...

Holender: Aribert Reimanns Medea ist mit Sicherheit das wichtigste Vorhaben der gesamten Saison. Am 7. Jänner kommt der neben Henze meistgespielte und erfolgreichste lebende Komponist für einige Tage nach Wien, um mit Rat und Tat die Proben zu unterstützen.

ÖSTERREICH: Damit nehmen Sie den Kritikern, die mehr moderne Opern einfordern, den Wind aus den Segeln ...

Holender: Über Kritiker möchte ich mich nach der Macbeth-Premiere lieber nicht äußern ... Nur soviel: Dass in keiner Direktion der Wiener Staatsoper so viele Uraufführungen gespielt wurden, wie in meiner, ist eine Tatsache.

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