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Großeinsatz in Wien, OÖ & Tirol

Bomben-Alarm: Droh-Mails an Hunderte Firmen

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Internet-Gauner erpressten mit einer Bombendrohung Dutzende Betriebe in Österreich.

 

Das gab’s noch nie, dass Kriminelle mit einer E-Mail Dutzende Betriebe lahmlegen, für laufende Polizeieinsätze, Straßensperren und sogar Zugverspätungen sorgten: Wie das Innenministerium gegenüber ÖSTERREICH bestätigte, wurde das Land seit Montagabend mit einer Spam-Welle sondergleichen überschüttet – in der E-Mail, die über einen vermutlich gehackten kanadischen Server Verbreitung fand, wurden zahlreiche Firmen von Vorarlberg über Tirol, Oberösterreich und schließlich Wien genötigt, innerhalb von 80 Stunden 20.000 Dollar in Bitcoins zu zahlen – oder eine Bombe ginge hoch, zahlreiche Menschen würden verletzt werden (Wortlaut der Erpresser-E-Mail von „Lumba Attack Squad“ siehe weiter unten).

Bomben-Alarm: Droh-Mails an Hunderte Firmen
© oe24
× Bomben-Alarm: Droh-Mails an Hunderte Firmen
Einsatz in der Taborstraße in Wien

Sechs Großeinsätze allein in der Bundeshauptstadt

Der Sprecher des Innenministeriums, Harald Sörös, zu ÖSTERREICH: „In Wien gab es sechs Einsätze, die mit dem Betreff ‚Bombendrohung‘ anliefen. Als bekannt wurde, dass es sich um eine Serien-E-Mail handelt, wurden nur noch Streifenwagen entsandt, um den Sachverhalt aufzunehmen.“

Die spektakulärsten Einsätze waren am Hauptbahnhof (dort wurde zum Beispiel der Erste Campus geräumt), auf der Taborstraße sowie in Ottakring. In Oberösterreich wurde ein Unternehmen in Wels-Pernau komplett evakuiert, die Mitarbeiter mussten sich auf einem Sammelplatz vor dem Gebäude einfinden. Nach rund einer Stunde konnte Entwarnung gegeben werden, die Durchsuchung durch einen Experten verlief ohne Auffälligkeiten.

Video zum Thema: Sörös im Interview

Bis zu 16 Prozent zahlen bei Internet-Erpressungen

Ein Tiroler ITLer, der als einer der ersten die Drohung erhielt und auch schnell mitbekam, dass viele seiner Kunden ebenfalls durch die Bomben-E-Mail aufgeschreckt waren, ist entsetzt: „Das ist wirklich ein neues Level, mit denen diese Cyber-Gangster den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Es zeigt auch, wie skrupellos diese Leute sind.“ Das Geheimnis des „Erfolgs“ der Betrugsmasche: Eine gar nicht so geringe Anzahl, nämlich bis zu 16 Prozent der angeschriebenen Opfer von Erpressungs-E-Mails zahlen. Die Behörden raten aber dringend davon ab – im konkreten Fall haben Spezialisten im Bundeskriminalamt die Ermittlungen übernommen.

 

Wer steckt hinter 
"Lumba Attack Squad"?

Der Betreff zieht sofort in den Bann. „Better Listen To Me“ mit vielen Rufzeichen – auf Deutsch: „Hören Sie mir jetzt gut zu“. Was folgt, ist die Offenbarung, dass eine rekrutierte Person eine Bombe mit Plastiksprengstoff im Bürogebäude versteckt habe. Diese sei klein, könne nicht das ganze Haus zum Einsturz bringen, aber jede Menge Leute schwer verletzen. Ein Komplize würde die Situation vor Ort kontrollieren. Wie man das angedrohte Blutbad verhindern kann? „Zahlen Sie 20.000 Dollar in Bitcoins, und der Sprengstoff wird nicht detonieren.“ Mehrere Firmen in Österreich alarmierten daraufhin die Polizei, die Dutzende Gebäude evakuierte, ehe klar war, dass das Schreiben von „Lumba Attack Squad“ eine Massen-
E-Mail von Internet-Erpressern war. Bisherige ähnliche, wenn auch nicht ganz so brachiale Aktionen gingen oft von nigerianischen Tätergruppen aus.

Die Drohung im Wortlaut

Bomben-Alarm: Droh-Mails an Hunderte Firmen
© zoom tirol

Hoher Anstieg bei Cyber Crime 2020

In der Coronakrise haben betrügerische E-Mails mit Erpressungen bei Unternehmen, aber auch bei privaten Usern Hochsaison. Immer öfter wird unter Vorspiegelung falscher Tatsachen versucht, Geld zu erschleichen. So werden Betroffene bedroht, dass ihre Rechner gehackt wurden, Videos gedreht worden sind – und diese an Kunden geschickt werden. Seit gut einem Jahr treten diese E-Mails laut IT-Experten vermehrt auf.

Auch in der Kriminalitätsstatistik 2019 ist der Anstieg von „Cyber Crime“ deutlich: Die gemeldeten Cyber-Crime-Fälle stiegen im Jahresvergleich von 19.627 auf 28.439 Straftaten. Das ist ein Plus von 45 Prozent und die mit Abstand höchste Anzeigenzahl der vergangenen zehn Jahre. Dieser Trend hat sich auch 2020 fortgesetzt.

R. Kopt

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