LH Niessl bezeichnete das Ergebnis als ein Sieg der Demokratie.
Die Bevölkerung von 72 südburgenländischen Gemeinden hat am Sonntag bei einer Volksbefragung dem Bau eines Asyl-Erstaufnahmezentrums eine deutliche Absage erteilt. In den Bezirken Oberwart, Güssing und Jennersdorf stimmten insgesamt 94,49 Prozent mit Nein, 5,51 Prozent votierten mit Ja. Die Wahlbeteiligung blieb mit 27,67 Prozent deutlich unter jener bei anderen Urnengängen im Burgenland.
Insgesamt gaben am Sonntag 23.880 von 86.309 wahlberechtigten Bürgern ihre Stimme ab. 21.720 sprachen sich gegen ein Erstaufnahmezentrum in ihrer Gemeinde aus, 1.266 stimmten dafür. 894 Stimmen (3,74 Prozent) waren ungültig.
100 Prozent dagegen
Am deutlichsten fiel die Ablehnung mit 97,94
Prozent in der Gemeinde Wolfau aus. In Stinatz fanden sich hingegen mit 15,2
Prozent die verhältnismäßig meisten Befürworter. Am höchsten war die
Wahlbeteiligung mit 54,34 Prozent in Eberau, obwohl die Bürger dort am 21.
Februar in Sachen Erstaufnahmezentrum schon einmal zu den Urnen gebeten
worden waren. Die wenigsten Wahlberechtigten (13,02 Prozent) gaben in
Burgauberg-Neudauberg ihre Stimme ab.
In einigen Ortsteilen haben die Nein-Stimmen ein dreistelliges Ergebnis vor dem Komma erreicht. Eine 100-prozentige Ablehnung gab es zunächst etwa im Eberauer Ortsteil Winten sowie in Deutsch Ehrensdorf (Gemeinde Strem), Allersdorf (Weiden bei Rechnitz), St. Martin in der Wart (Oberwart) und in Kroatisch Tschantschendorf und Tudersdorf (beide gehören zur Gemeinde Tobaj).
Niessl: Ergebnis muss bindend sein
Als einen "Sieg der Demokratie
und der Vernunft" hat Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (S) das
Ergebnis der Volksbefragung bezeichnet. Niessl wiederholte seine Forderung,
das Ergebnis der Befragung müsse bindend sein. Als "desaströs für die
SPÖ-Politik im Land", bezeichnete hingegen Landeshauptmannstellvertreter
Franz Steindl (V) das Ergebnis des Urnenganges.
Innenministerin Maria Fekter (S) solle nun die Beschwerden bei den Höchstgerichten ehestens zurückziehen, verlangte Niessl erneut. Einen "Sieg der Demokratie" ortet der Landeshauptmann, "weil eine Entscheidung über die Köpfe der Menschen hinweg verhindert werden konnte." Einen "Sieg der Vernunft" gebe es, weil sich "eine beeindruckende Mehrheit" gegen ein überdimensioniertes Asylzentrum im Südburgenland ausgesprochen habe. Trotz Versuchen der ÖVP, die Volksbefragung zu "torpedieren", sei das Ergebnis eine "klare Abfuhr" für die Pläne der Volkspartei, erklärte SP-Landesgeschäftsführer Robert Hergovich. Die Bevölkerung habe sich dennoch nicht von ihrem demokratischen Stimmrecht abhalten lassen.
"Teure SPÖ-Kampagne"
"Wenn 27 Prozent der
Bevölkerung zur Befragung gehen, haben die Menschen mitgekriegt, dass es
sich um einen Wahlkampfgag der SPÖ handelt", meinte Steindl. "Da sind nicht
einmal die SP-Parteimitglieder zur Wahl gegangen." Die Volksbefragung
bezeichnete der ÖVP-Chef als "teure SPÖ-Kampagne, finanziert mit Steuergeld,
die das Asylproblem nicht gelöst, sondern eher noch verschärft hat." An die
Sozialdemokraten appelliere er, sie sollten "damit aufhören, das Land
schlecht zu reden - Wahlkämpfen können wir noch früh genug."
Die Freiheitlichen bezeichneten das Ergebnis als "totalen Bauchfleck" für die SPÖ und "eine schallende Ohrfeige" für Landeshauptmann Niessl. "Die Bürger erkennen, wer in dieser Frage der Schmied ist, nämlich die FPÖ", stellte Parteiobmann Johann Tschürtz in einer Aussendung fest. Der Ausgang der Befragung überrasche nicht: "Die Bevölkerung hat schon lange die Nase voll von der verlogenen und inkonsequenten Ausländerpolitik von Rot und Schwarz", so Tschürtz.
Als "eine deutliche Abfuhr für die populistische und fremdenfeindliche Kampagne, die Landeshauptmann Niessl seit Monaten fährt", betrachtete Grünen-Spitzenkandidat Michel Reimon das Ergebnis des Urnenganges. Niessl habe mit der Volksbefragung "die direkte Demokratie missbraucht, um nach fremdenfeindlichen Stimmen zu fischen." In Wien habe es "sogar eine höhere Beteiligung bei der Befragung zur Wiedereinführung der Hausmeister" gegeben.