Fernkälte wird in Österreich angesichts der steigenden Zahl von Hitzetagen und des verstärkten Bedarfs an Klimatisierung ausgebaut.
Bis 2027 will die Branche 135 Mio. Euro in den Netzausbau investieren, gab der Fachverband Gas Wärme am Dienstag in einer Pressekonferenz bekannt. Der Großteil des Netzes entfällt auf Wien, Überlegungen zum Ausbau hätten fast alle Städte. Im kommenden Jahr gibt es Fernkälte auch in Klagenfurt.
So funktioniert Fernkälte
Bei der Fernkälte wird 6 Grad kaltes Wasser zu den Kunden geliefert, das dezentral in sogenannten Fernkältezentralen gekühlt wird. Bei den Kunden wird die Kälte dann abgegeben, beispielsweise durch Rohre in den Wänden oder dezentrale Gebläsekonvektoren. Mit etwa 16 Grad Celsius fließt das Wasser dann zur erneuten Abkühlung zurück.
Große Ersparnis
Fernkälte sei ökonomisch und ökologisch, betont der Fachverband: gegenüber herkömmlichen Klimaanlagen spare sie rund 70 Prozent Energie und 50 Prozent CO2. Zudem werde das Stromnetz entlastet, weil das aus dem Sommer vorhandene Potenzial aus der Fernwärmeerzeugung genutzt werde. Eingesetzt wird neben Strom auch Abwärme in Absorptionskältemaschinen.
Versorgt werden mit Fernkälte derzeit vor allem Krankenhäuser, Bürogebäude oder auch Hotels, künftig rücken auch großflächige Wohnneubaugebiete in den Fokus. Aktuell werden in Österreich rund 20 Prozent gekühlt, künftig werden es 80 Prozent sein, illustriert der Fachverband das Potenzial. Damit käme Österreich dann auf einen Anteil wie derzeit in den USA und in Japan. In Europa sind weniger als 50 Prozent aller Büroflächen klimatisiert. Vorreiter in Europa seien Paris, Stockholm und auch Helsinki, so Gerhard Fida, stellvertretender Fachverbandsobmann und Geschäftsführer der Wiener Netze GmbH.
Netz wächst weiter
Das Fernkältenetz war Ende des Vorjahres rund 32 Kilometer lang, das waren um 28,5 Prozent mehr als im Jahr davor. Davon entfallen 80 Prozent auf Wien. Fernkälte gibt es auch in Linz, St. Pölten sowie in den Landeskrankenhäusern in Baden, Mödling und Mistelbach. In Graz wird in ein Industriekundennetz eingespeist. Ab dem kommenden Jahr sollen auch in Klagenfurt erste Gebäude versorgt werden, so Stadtwerke-Klagenfurt-Vorstand Erwin Smole. Investiert werden rund 16 Mio. Euro über drei Jahre. Ausgangspunkt ist das bestehende Fernheizkraftwerk. In einem ersten Schritt werden benachbarte Quartierslösungen versorgt, dann ist eine Erweiterung auf Krankenhäuser, Einkaufszentren, Verwaltungsgebäude und Rechenzentren geplant.
Preisdetails wurden heute nicht genannt, sie hängen mit jenen von anderen Energieträgern zusammen. Es gibt individuelle Verträge mit den Kunden. Die Kosten setzten sich aus dem Preis für Leistung und Arbeit zusammen und seien auch abhängig von den lokalen Gegebenheiten, so Fernwärmebereichssprecher Alexander Wallisch.
Investitionen in Millionenhöhe
In Wien werden laut Wallisch bis 2027 rund 90 Mio. Euro in den Fernkälteausbau investiert. Aktuell versorgt die Wien Energie 180 Gebäude mit einer Leistung von 200 Megawatt (MW), bis 2030 sollen es 350 MW sein. Bis 2025 soll der Ringschluss um die innere Stadt erfolgen. In Betrieb hat die Wien Energie derzeit 21 Kältestandorte, davon sieben Fernkältezentralen. Der jährliche Kundenzuwachs wird mit 10 bis 15 Prozent beziffert. Mit Fernkälte versorgt werden beispielsweise das AKH, das Rathaus, die Universität Wien oder Büro-und Gewerbestandorte wie der Austria Campus.
Zum geplanten Erneuerbare Wärme Gesetz appellierte Fida heute, rasch zu einer Lösung zu kommen. Eine wesentliche Rolle werde dabei die Wärmedämmung spielen.