24 Stunden im LKW

64 Kurden wie Tiere geschleppt

Teilen

Die Flüchtlinge waren im Lkw wie Tiere eingepfercht und zahlten bis zu 10.000 Euro für ein neues Leben.

Diesen Anblick werden sie nie vergessen. Samstag, um 1.45 Uhr, auf der Autobahnstation Zöbern an der A2: 20 Kriminalbeamte lassen einen türkischen Gemüsetransporter des Spediteurs Bilat Nakliyat öffnen. Ihr Verdacht: Menschenhandel.

Sekunden später entdecken sie, hinter Dutzenden Obst- und Gemüsekisten in einem einzigen Hohlraum versteckt, 64 türkische Kurden. Ängstliche junge Männer, Frauen und Kinder, die eingepfercht wie in einem Viehtransporter zwischen Decken und Kanistern liegen. Es ist kalt, die Luft ist zum Brechen. Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt: „Es herrschten menschenunwürdige Zustände.“

Höllentrip hat in Istanbul begonnen
Es ist der größte Schlepper-Aufgriff der Polizei: Die zwei Lkw-Lenker werden sofort festgenommen. Ein Türke aus Graz, der das Verbrechen mitorganisiert haben soll, ist ebenfalls in Haft. Und: Die Polizei geht von weiteren Hinter- und Mittelsmännern aus.

Der Höllentrip der Kurden begann in Istanbul. „Den Flüchtlingen wurden Arbeit und gültige Papiere versprochen. Auch die Zusammenführung von Familien hat eine Rolle gespielt“, sagt Tatzgern. Sie zahlten bis zu 10.000 Euro, die Schlepper vergaben auch „kriminelle Kredite“.

LKW-Konvoi
Von der Türkei aus gelangt der Lkw-Konvoi über die EU-Außengrenze nach Slowenien und Österreich. Die Kurden sind im zweiten Lkw versteckt – zur Tarnung wird die Innentemperatur auf unter 12 Grad runtergefahren, es gibt kaum Frischluft. Sie ernähren sich von mitgebrachter Verpflegung, Gemüse und Obst. Ihre Notdurft verrichten sie in Plastikflaschen. Bis zum Aufgriff sind die Flüchtlinge mehr als 24 Stunden eingesperrt gewesen. „Das Ziel der Reise war eigentlich Deutschland, erster Knoten aber der Großgrünmarkt in Wien-Inzersdorf“, sagt Tatzgern.

Doch so weit kommt es nicht. Nach dem Aufgriff werden die Kurden im Polizeibus zur Autobahnpolizei Warth gebracht. In einer Garage erfolgt die Erstversorgung durch das Rote Kreuz. „Die Flüchtlinge sind geschwächt und stark übermüdet“, sagt Heinz Zimper, Bezirkshauptmann von Neunkirchen. Die Polizei stellt ihre Identität fest, die Einvernahmen beginnen. Danach erfolgt die Überstellung ins Flüchtlingslager Traiskirchen und in die Schubhaft.

Schlepper-Bande
Die Polizei war der Schlepper-Bande lange auf der Fährte. Rene Kornberger vom LKA Steiermark: „Wir haben den Großtransport erwartet. Die Bande dürfte schon mehrere Fuhren durchgeführt haben. Als wir die Lkws entdeckten, nahmen sieben Streifen die Verfolgung auf.“

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.

Hinter diesen Kisten und Flaschen wurden 64 Türken eingepfercht und über die Grenze geschmuggelt.

Vor dem Versteck waren einige Paletten Obst und Gemüse aufgetürmt.

Oberst Gerald Tatzgern bei der Besichtigung des LKWs.

Dahinter waren die Menschen mehr als notdürftig eingerichtet.

Ihre Notdurft mussten die Insassen in grosse Plastikkanister verrichten.

Rund 24 Stunden verbrachten die nun als illegal in Österreich bezeichneten in dem LKW.

Hier ist gut zu sehen wie weit drinnen im LKW die Leute eigentlich versteckt waren.

Ein Stapler beim Ausräumen der "Schutzwand".