Kindesentführung

Drama um Ausweisung von Buben nach Russland

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Ein siebenjähriger Bub, der mit seiner Mutter in Niederösterreich lebt, muss laut einer Entscheidung des Landesgericht Wiener Neustadt nach Russland zu seinem Vater zurückkehren. Der Justiz zufolge handelt es sich um eine Kindesentführung.  

 Die Mutter war vor einem Jahr mit dem bei ihr lebenden Siebenjährigen und seiner 17-jährigen Halbschwester aus Russland nach Niederösterreich gekommen. Die IT-Expertin hatte ihren Angaben zufolge aufgrund der Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges ihre Arbeit verloren. In Österreich fand sie schließlich eine Stelle, wie die Frau gegenüber dem ORF schildert. Doch der Vater beantragte die Rückführung seines Sohnes nach Russland, er habe die gemeinsame Obsorge und ein Besuchsrecht. 

Gericht ortet Kindesentführung

Das Bezirksgericht Wiener Neustadt entschied vergangenen Mai nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen, dass die Rückkehr nach Russland angeordnet und zwangsweise durchgesetzt wird, sollte der Bub nicht innerhalb von 14 Tagen zurück in Russland sein. Der Richter ging davon aus, dass der Siebenjährige nicht alleine das Land verlassen müsste, sondern gemeinsam mit der Mutter nach Russland reisen würde. Nach einer Berufung bestätigte das Landesgericht Wiener Neustadt die Entscheidung. Gegen die Vollstreckung wurden laut der Sprecherin Birgit Borns Einwände erhoben.

Drama um Ausweisung von Buben nach Russland
© APA/Fohringer
× Drama um Ausweisung von Buben nach Russland
  Landesgericht Wiener Neustadt.

 

Auch der weitere Wohnsitz müsse in Russland geregelt werden, erläuterte die Sprecherin. Diese Entscheidungen könne kein österreichisches Gericht treffen, betonte sie. Es handle sich um einen rechtswidrigen Zustand nach einer Kindesentführung, die Aufrechterhaltung dieses Zustandes sei nur in Ausnahmefällen - bei einer schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens - möglich, das sei "ganz eng auszulegen". 

Kinderrechte verletzt

Kritik an der Entscheidung kam von Familienrechts-Professorin Barbara Beclin von der Universität Wien. Dem Gericht zufolge habe der Vater nicht das Recht, dass das Kind an ihn übergeben wird. "Andererseits ist damit aber nicht geklärt, wo das Kind überhaupt hingebracht wird in Russland", so Beclin. Man könne eben nicht davon ausgehen, dass die Mutter automatisch mitgehen würde. Die Familienrechts-Expertin sieht auch die Kinderrechte verletzt, denn im Bundesverfassungsgesetz sei verankert, dass das Kindeswohl immer vorrangig zu berücksichtigen sei. Auch die Trennung von Geschwistern könne eine Gefährdung für das Kindeswohl darstellen. Der Bub selbst möchte jedenfalls in Österreich bleiben. Die Nachricht nach Russland zurückkehren zu müssen habe ihn traumatisiert.

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