"Auszeit-Raum"

Aufregung um "Zwinger" für behinderte Schülerin

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Eine Sonderschule in Hartheim sorgt für Schlagzeilen. Für eine Schülerin soll ein "Auszeitraum" errichtet worden sein.

Ein Holzverbau für eine behinderte 14-jährige Schülerin an einer Sonderschule in Hartheim (Bezirk Eferding) in Oberösterreich sorgt für Aufregung. Der "Zwinger" sei als "Auszeit-Raum" für das Mädchen gedacht gewesen, berichteten die "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN) in ihrer Dienstag-Ausgabe. Es habe mehrmals Lehrer und Schüler tätlich angegriffen.

Direktor verteidigt Maßnahme
Der Verschlag mitten am Gang der Sonderschule sei rund vier Quadratmeter groß und zwei Meter hoch, hieß es in dem Artikel. Eltern hätten anonym den Verdacht geäußert, dass er errichtet worden sei, um ein stark verhaltensauffälliges Mädchen darin einzusperren. Diese Vermutung habe sich als richtig herausgestellt: "Das 14-jährige Mädchen ist geistig behindert und schon mehrmals tätlich geworden. Es hat Schüler und Lehrer geschlagen, gezwickt und gebissen. Wir wollen mit diesem 'Time-out-Raum' Schüler und Lehrer schützen", verteidigte der Schuldirektor die Maßnahme.

Keine "Einsperrung"
Die 14-Jährige werde damit "im Fall des Falles aus der eskalierenden Situation genommen", so der Direktor weiter. Von "Einsperren" wolle er aber nicht sprechen. Auch sei der Holzverbau noch nicht verwendet worden. "Es fehlt im Inneren noch die Auspolsterung." Der Schulleiter betonte im Zeitungsinterview auch, dass es im Institut Hartheim, wo das Mädchen wohne, ebenfalls einen solchen "Auszeit-Raum" gebe.

"Das ist richtig", bestätigte ein Betreuer der 14-Jährigen vom Institut Hartheim. "Unser Auszeit-Raum ist sieben Quadratmeter groß, mit Fenstern." Er komme nur in Betracht, wenn das Mädchen nicht mehr mit gelinderen Mitteln beruhigt werden könne. Der Aufenthalt im Raum dauere fünf Minuten. Von einem künftigen "Time-out-Raum" in der Schule wisse er aber nichts. "Immerhin sind wir Erzieher die Erziehungsberechtigten des Kindes", sagte der Betreuer.

Psychiater distanziert
Der ärztlicher Direktor der Landesnervenklinik Werner Schöny zeigte sich zur Vorgangsweise in Hartheim vorsichtig distanziert. Er forderte einen eigenen Krankenhausbereich für besonders schwierige Fälle.

Schöny stellte fest, es sei unbestritten, dass es bestimmte Situationen gebe, in denen Schwerstbeeinträchtigte kaum zu beruhigen seien. Eine medikamentöse Behandlung, die bis zur Narkose gehe, sei keine Lösung. Deshalb gebe es sogenannte Time-out-Zimmer, oder auch "weiche Zimmer", in denen die Verletzungsgefahr gering sei. Diese gebe es in seiner Klinik nicht, die Errichtung werde aber immer wieder diskutiert. Zu sagen sei aber, dass die Klinik über medikamentöse Möglichkeiten verfüge.

Heikle Optik
Bezirksschulinspektor Karl Eckmayr ordnete am Montag an, dass der Verbau nicht benutzt wird: "Ich weiß, dass das Kind sehr schwierig ist. Aber wir können keine Kinder einsperren." Von dem Verschlag habe er nichts gewusst, so Eckmayr.

Die Optik des Falles ist auch im geschichtlichen Zusammenhang höchst heikel: Hartheim gilt als ein Symbol für die Euthanasiepolitik der Nationalsozialisten. Zwischen 1940 und 1944 wurden dort nahezu 30.000 als "lebensunwert" eingestufte behinderte und kranke Menschen sowie arbeitsunfähige KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter ermordet. Heute ist in Hartheim eine Gedenkstätte angesiedelt.

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