Von Polizisten in Zivil auf Wache gebracht. Informant von Menschenrechtsorganisation Wjasna beobachtete Vorfall.
ORF-Korrespondentin Carola Schneider und ihr Kameramann sind am Montag bei Dreharbeiten im Zentrum der belarussischen (weißrussischen) Hauptstadt Minsk vorübergehend angehalten worden. Nachdem die örtliche Menschenrechtsorganisation Wjasna am Dienstagvormittag die Szene beschrieben hatte, bestätigte die ORF-Pressestelle in einer Aussendung den Vorfall. Österreich habe Protest eingelegt, hieß es infolge auf APA-Anfrage aus dem Wiener Außenministerium.
"Polizisten in Zivil haben gestern in Minsk am Unabhängigkeitsplatz einen Kameramann sowie eine Journalistin des österreichischen Fernsehens festgenommen, die eine Passantin interviewte", berichtete Wjasna auf Twitter. Sie seien zu einem hinter der Roten Kapelle (bekannte katholische Kirche, Anm.) befindlichen grauen Ford Transit und anschließend zu einem blauen Lastwagen der Marke MAZ gebracht worden.
Der weitere Aufenthaltsort der Journalisten sei unbekannt, schrieb die renommierte NGO, die selbst unter massivem staatlichen Druck steht. Laut Angaben der ORF-Pressestelle wurden Schneider und ihr Kameramann im Anschluss auf eine Polizeiwache gebracht, die sie nach Bestätigung ihrer Akkreditierungen wieder zeitnahe verlassen konnten. Die österreichische Botschaft sowie das österreichische Außenministerium in Wien seien über den Vorfall informiert worden, informierte die Pressestelle.
Das österreichische Außenministerium bestätigte am Dienstagnachmittag den Vorfall ebenfalls. "Österreich hat gegen diese Vorgehensweise umgehend Protest bei den belarussischen Behörden eingelegt", erklärte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber der APA und bezeichnete die Anhaltung des ORF-Kamerateams als "völlig inakzeptabel". Man erwarte, dass Journalistinnen und Journalisten ihrer Arbeit ungehindert nachgehen können und die Medienfreiheit in vollem Umfang gewahrt werde, betonte er.
Der Machtapparat des umstrittenen Präsidenten Alexander Lukaschenko geht in Belarus (Weißrussland) immer wieder hart gegen Kritiker und Andersdenkende vor. Zuletzt hatte es Razzien gegen unabhängige Medien und Nichtregierungsorganisationen gegeben, bei denen mehrere Menschen festgenommen wurden. Die EU erkennt den immer wieder als "letzten Diktator Europas" kritisierten Lukaschenko seit der weithin als gefälscht geltenden Präsidentenwahl vor rund einem Jahr nicht mehr als Staatsoberhaupt an. Bei Protesten in den Monaten nach der Wahl gab es mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen. Im Zuge der Proteste wurden auch internationalen Medienvertretern, etwa des deutschen Fernsehsenders ARD, zumindest vorübergehend die Akkreditierungen entzogen