Grazer Prozess

Angeklagter bei Jihadisten-Prozess: "Vorwürfe sind eine Lüge"

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Grazer Brüderpaar soll auch von Prediger radikalisiert worden sein.

Graz. Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag der Prozess gegen sechs mutmaßliche Jihadisten fortgesetzt worden. Ihnen wird neben den Verbrechen der terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation zum Teil auch das Bilden einer staatsfeindlichen Verbindung vorgeworfen. Der Hauptangeklagter soll in einem Linzer Glaubensverein und bei Gastvorträgen junge Männer radikalisiert haben.
 
Die Befragung des 47-jährigen Predigers hatte bereits am ersten Verhandlungstag drei Stunden gedauert, und am nächsten Tag war gegen Mittag noch kein Ende abzusehen. Gab sich der Beschuldigte anfangs betont höflich und verbindlich, so wurde er mit der Zeit immer wieder etwas ungehalten: "Das sind alles Lügen", meinte er zu den Vorwürfen.
 
Nachdem es zunächst um den von ihm gegründeten islamischen Glaubensverein in Linz gegangen war, nahm die Richterin dann seine Predigertätigkeit unter die Lupe. Im Mittelpunkt der Befragung standen jene Männer, die er zur Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) geschickt haben soll. "Haben Sie einen von denen bewogen, nach Syrien in den Kampf zu gehen?", wollte die Richterin wissen. "Wenn ich das gesagt habe, geh nach Syrien, habe ich immer gemeint als Unterstützer der Menschheit, das hat mit Kampf nichts zu tun", rechtfertigte sich der Angeklagte. "Haben diese Männer Ihre Vorträge gehört?", fragte die Vorsitzende weiter. "Da kann jeder kommen", wehrte der Beschuldigte ab.
 

Brüderpaar radikalisiert

 
Zur Sprache kam auch ein Brüderpaar, das in Graz bereits vor Gericht gestanden ist. Der Ältere wurde wegen Tätigkeit für den IS zu zwölf Jahren Haft verurteilt, der Jüngere wurde freigesprochen. Den Kontakt zum Kämpfer leugnete der Prediger jetzt weitgehend. "Er war nicht mein Schüler", betonte er. Vom Einsatz in Syrien habe er nichts gewusst: "Mich hat nicht interessiert, wo er war."
 
Für den Mann soll vor seiner Abreise auch Geld gesammelt worden sein: "Das kann sein, weil er Student ist in Ägypten. Aber ich kann mich nicht erinnern", gab der Befragte an. "Er soll 1.069 Euro für eine Kampfausrüstung bekommen haben", konfrontierte ihn die Richterin mit der Anklage. "Nein, das ist unmöglich", sagte der Prediger dezidiert. "Was gesagt wird, sind Lügen", betonte er mehrfach.
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