Streit in Schule eskalierte - 16-Jährige schweigt vor Gericht.
Weil sie im Alter von 14 Jahren mit einem Messer einen Mitschüler in den Bauch gestochen hatte, musste sich eine Schülerin am Mittwoch im Landesgericht Leoben vor einem Geschworenensenat verantworten. Das Mädchen sieht sich als nicht schuldig an und berief sich auf Notwehr.
Der Prozess wurde bereits zum zweiten Mal durchgeführt, zunächst war die 16-Jährige wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung angeklagt gewesen. Aufgrund der Angaben der Beschuldigten entschied die Einzelrichterin, dass sie nicht zuständig sei. Nun beschäftigte sich ein Geschworenensenat mit der Tat vom Mai 2013.
Gegenseitige Drohungen
Das Mädchen hatte kurz zuvor die Schule gewechselt und mit einem der neuen Kollegen immer wieder Probleme gehabt: "Er war ein Alphatier, und sie machte ihm diese Stellung streitig", so der Staatsanwalt. Es folgten vor allem verbale Beschimpfungen auf Facebook und anderen Plattformen. Dabei standen sich die beiden in nichts nach und bedrohten sich gegenseitig. Er sprach von "aus dem Fenster werfen", sie von "aufschlitzen".
Am Vorabend der Tat kam es wieder zu gegenseitigen Drohungen, und da packte die Schülerin ein Küchenmesser ein. "Ich habe das Messer mitgenommen, weil ich mit ihm reden wollte, falls ich mich wehren muss", hatte die Angeklagte gegenüber der Polizei angegeben. In der Schule provozierte sie den Burschen, riss ihm die Kappe vom Kopf, er revanchierte sich mit einem Fußtritt in den Bauch und nahm sie in den Schwitzkasten.
"Das ist mit der Gefahr des Erstickens verbunden", befand der Verteidiger. Er gab an, seine Mandantin habe aus reiner Notwehr das Messer - das sie zuvor im Ärmel versteckt hatte - gezückt und "irgendwohin gestochen". Sie traf den 15-Jährigen in den Bauch, die Verletzung war laut Gerichtsmedizinerin nur zufällig nicht tödlich.
16-Jährige schweigt vor Gericht
Bei der Verhandlung am Mittwoch schwieg die 16-Jährige, ließ aber zu, dass man ihre bisherigen Angaben verlas. Die Psychiatrische Sachverständige hatte ihr im Gutachten eine "Störung des Sozialverhaltens" bescheinigt, außerdem eine "Unerreichbarkeit für Erziehungsmaßnahmen". Mittlerweile lebt das Mädchen bei den Großeltern und macht derzeit extern den Hauptschulabschluss nach.
Video von Opfer gezeigt
In einem Video erzählt das Opfer, dass er die Drohungen des Mädchen nicht ernst genommen habe. Nach dem Stich in den Bauch habe er zunächst nur "ein Zwicken" gespürt.
Damit die Geschworenen zumindest einen Eindruck vom Opfer bekommen, wurden eine auf Video aufgezeichnete Befragung und eine Tatrekonstruktion vorgespielt. Der schmächtige Bursche schilderte, wie das Mädchen neu in seine Klasse kam: "Ich war dort Anführer, und sie wollte das auch sein." In der Folge beflegelten sich beide via Facebook was das Zeug hielt, beide sparten nicht mit Drohungen aller Art. "Sie hat gesagt, sie würde mich anzünden", beschrieb der Schüler relativ ungerührt. Die Drohungen habe er aber weder ernst gemeint noch ernst genommen.
Beim Video, das am Tatort gemacht wurde, zeigte er die einige Zentimeter lange Narbe über dem Nabel. Bei der Auseinandersetzung hatte er seine Kontrahentin im Schwitzkasten, als sie ihn plötzlich in den Bauch stach. "Ich habe ein Zwicken gespürt", so der Bursche. Erst die entsetzten Mienen der Mitschüler habe ihn näher hinschauen lassen. Da war sein T-Shirt bereits blutig und er sackte zu Boden. Er rappelte sich noch einmal auf und wollte einen Sessel nach dem Mädchen werfen, hatte aber keine Kraft mehr dazu.
"Sie möchte sich bei dir entschuldigen", teilte ihm die Richterin am Video mit. "Ich finde das sehr höflich von ihr, ich möchte das aber nicht", lautete die dezidierte Antwort.
Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt, mit einem Urteil wird für den Nachmittag gerechnet.