Eine 32-Jährige war nach einer Behandlung gestorben - der Anästhesist wurde nicht rechtskräftig zu 16 Monaten teilbedingter Haft verurteilt.
Ein Anästhesist ist am Donnerstag in Wiener Neustadt wegen grob fahrlässiger Tötung einer Kinderwunschklinik-Patientin in Baden schuldig gesprochen worden. Der Angeklagte erhielt nach Angaben des Landesgerichts nicht rechtskräftig 16 Monate Haft, davon elf Monate bedingt. Der Prozess musste wiederholt werden, weil das Oberlandesgericht (OLG) Wien ein Unzuständigkeitsurteil aufgehoben hatte.
Die Einzelrichterverhandlung drehte sich um den Tod einer 32-Jährigen nach einer am 3. Juni 2020 in einer Kinderwunschklinik durchgeführten Follikel-Punktion (Anstechen der Eibläschen zur Eizellenentnahme, Anm.). Bei zwei am selben Tag in der privaten Einrichtung behandelten Patientinnen im Alter von damals 31 und 35 Jahren gab es ebenfalls Komplikationen. Die beiden Frauen waren vorübergehend intensivmedizinisch betreut worden, befanden sich aber bald auf dem Weg der Besserung. In diesem Zusammenhang wurde dem Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin fahrlässige schwere Körperverletzung angelastet.
Komplikationen bei zwei weiteren Frauen
Der Mediziner soll laut Anklage am 3. Juni 2020 einen Fehler bei der Verabreichung des Mittels Propofol gemacht haben. Wie es seitens der Staatsanwaltschaft hieß, hatte der Beschuldigte am Tag davor in einer Wiener Klinik ein mit dem Stoff befülltes Fläschchen verwendet. Anstatt es danach zu entsorgen, nahm der Angeklagte das bereits geöffnete Gebinde mit nach Hause und lagerte es dort im Kühlschrank. Entstandene Keime sollen nach der Verabreichung des Mittels zum Tod der 32-Jährigen und zu schweren Komplikationen bei den zwei weiteren Frauen geführt haben.
Dass man bereits geöffnete Behältnisse dieses Mittels nicht erneut verwenden darf, sei ihm nicht bekannt gewesen, hatte der 65-Jährige beim ersten Prozess am 9. Dezember 2020 ausgesagt. Der Einzelrichter hatte das anders gesehen und war zur Ansicht gelangt, dass der Angeklagte vorsätzlich und nicht grob fahrlässig gehandelt habe, weil er gewusst haben müsste, dass das Propofol nicht mehr verwendbar war. Daher sollte das Verfahren wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (Strafrahmen bis zu 15 Jahre) an ein Schöffengericht weiter delegiert werden. Das OLG teilte diese Rechtsmeinung allerdings nicht, wodurch die Einzelrichterverhandlung wiederholt werden musste.
Nachdem am ersten Verhandlungstermin, dem 22. Juni, vertagt wurde, gab es am Donnerstag schließlich ein Urteil. Die Verteidigung meldete volle Berufung an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Damit ist der Schuldspruch nicht rechtskräftig.