EU-Gipfel

Wie Kurz Merkel und Macron nervte – und pokerte

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Gestern flog Kurz mit vier Verhandlungserfolgen zurück. Aber auch mit neuen Gegnern. 

Brüssel. Um 5.33 Uhr gestern twitterte Emmanuel Macron: „Ein historischer Tag für Europa.“ Um 6.04 twitterte ­Sebastian Kurz: „Nach vier ­Tagen harter Verhandlungen haben wir ein gutes Ergebnis für die EU und Österreich erzielt.“ Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich da nach über 90 Stunden Gipfel in Brüssel endlich auf das historische EU-Budget und Hilfspakete geeinigt.

  • Marathon: In diesen Marathonverhandlungen – Kurz flog am Freitag in der Früh nach seinem kurzen Urlaub in Kärnten mit dem slowenischen Premier hin und gestern retour – ent­wickelte sich Kurz ab Samstag für einige der großen EU-Staaten zur Nervensäge. Ursprünglich hätte vor allem der niederländische Premier Mark Rutte die Rolle des Hardliners übernehmen sollen. Kurz wollte den Vermittler zwischen den „Sparsamen Vier“ – Schweden, Niederlande, Österreich und Dänemark – und Deutschland und der EU-Kommission geben.
  • Spannung: Am Samstag fängt er an beim Gipfel – dieser wird immer wieder unterbrochen, um in kleineren Runden zu verhandeln – auch die Maskenpflicht in Österreich mit seinem Koalitionspartner am Telefon zu besprechen.

Die Nacht von Samstag auf Sonntag ist kurz. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel versucht den Kompromiss. Kurz gibt sich ihr gegenüber verbindlich. Aber er bildet stärker als erwartet eine reine Achse mit Rutte. Der will nicht nur stärkere Rabatte für die Nettozahler und klare Vor­gaben für das Hilfspaket, sondern auch, dass die Hilfen für Ungarn und Polen an die Rechtsstaatlichkeit gebunden sind. Kurz überrascht. Er hält auch da Linie mit Rutte. Und er scheint sich prächtig mit den sozialdemokratischen Premiers aus Schweden und Dänemark zu verstehen.

  • Fronten: Kurz weiß, dass seine Rolle als „Kämpfer für Rabatte“ in Österreich ankommt. Er telefonierte immer wieder und zieht die Wut von Macron auf sich. Dieser schlägt auf den Tisch: „Kurz interessiert sich nur für seine Innenpolitik.“ Kurz scheint überrascht. Ursula von der Leyen vermittelt. Es wird weiter verhandelt. Am Ende erhält Kurz mehr Rabatt, als er vermutet hatte – und damit den Respekt der kleinen Länder, weil er mit Rutte auf Linie geblieben ist.

Für Macron, Italien und Spanien ist er aber offenbar eine „unsolidarische Nervensäge“.

Isabelle Daniel

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