Die Zahlen der Kriminalitätsstatistik sind alarmierend. ÖSTERREICH ging dem auf den Grund.
Die Zahl der als tatverdächtig ausgeforschten Afghanen ist laut aktueller Kriminalitätsstatistik erneut gestiegen (2016: 5.973, 2017: 7.011). Setzt man diese Zahl in Relation mit der Gesamtzahl der in Österreich lebenden 45.259 Afghanen, dann gilt gerundet jeder 6. als tatverdächtig (Vergleich: Jeder 45. Österreicher gilt als tatverdächtig). Rund ein Drittel der Delikte richtete sich dabei gegen Leib und Leben.
Zuletzt sorgte ein Afghane (23) für Entsetzen. In der Praterstraße stach er eine Arzt-Familie nieder, am Prater-stern seinen Dealer. Wie lässt sich das erklären? ÖSTERREICH begab sich auf Spurensuche.
Praterstern: Hier ist die Afghanen-Szene angesiedelt
Alltag. Vor dem Bahnhofsgebäude leuchten Polizisten mit Taschenlampen Mauerritzen und Fahrradständer ab. Sie suchen nach Drogenverstecken, während wir uns mit einer Gruppe Afghanen unterhalten. Wenig später wird einer von ihnen von mehreren Polizisten kontrolliert. Ob das immer so ist? „Ja“, sagt Farshad (24), „sie kontrollieren jeden Tag. Das ist aber auch gut, weil es hier viele schlechte Menschen gibt. Es sind aber nicht alle Afghanen schlecht. Wir gehen in die Schule und lernen Deutsch. Wir wollen ein ruhiges Leben.“ Wieso in der Bahnhofshalle immer so viele junge Afghanen stehen, fragen wir. „Hier ist ein Treffpunkt für Afghanen. Wir haben kein Geld, es gibt nicht viel, was wir bei diesem Wetter tun können. Also treffen wir unsere Freunde hier.“
Farshad (24) geht in die Schule und lernt Deutsch.
Ohne Perspektive: Der Weg in die Kriminalität
Wir treffen Mohamed (19), der seit 7 Jahren in Österreich lebt. Er verbüßte bereits eine einjährige Haftstrafe, nachdem er sich betrunken mit jemandem am Praterstern prügelte und seinen Gegner schwer verletzte. „Das war ein Fehler“, stammelt der 19-Jährige und wird danach energisch. „Ich habe keine weiße Karte, keine grüne Karte, keine Arbeit, keine Schule und auch keinen Deutschkurs. Seit ich in Österreich bin, heißt es nur Transfer, Transfer, Transfer. Zuerst war ich in Salzburg, dann in Leoben, Linz, Mondsee, Amstetten und Bruck/Leitha.“ Jetzt ist er in Bad Vöslau. „Was ist das für ein Leben?“, fragt er verbissen.
Mohamed (19) war nach einer Schlägerei ein Jahr im Gefängnis.
Amid: "Ich will nicht zurück"
Amid (22) beobachtet die Interviews neugierig. Als wir ihn nach seiner Geschichte fragen, erzählt er uns, dass er beim Rauchen von Gras erwischt wurde und deshalb ein Jahr ins Gefängnis musste.
„Ich war auf der Suche nach einer Arbeit. Jetzt habe ich einen Brief bekommen, in dem steht, dass ich abgeschoben werde. Ich will nicht zurück. Ich habe keine Familie mehr in Afghanistan.“
Amid (22) war im Gefängnis und soll abgeschoben werden.
Der Anwalt: Straffällige Afghanen als Mandanten
„Wenn durch eine strafrechtliche Verurteilung der Asylstatus aberkannt wird und der Betroffene auch nicht abgeschoben werden kann, bekommt er als Geduldeter keine staatliche Hilfe mehr. Sie haben zwar Zugang zum Arbeitsmarkt, aufgrund mangelnder Qualifikationen aber kaum Chancen. Manche versuchen dann, durch Straftaten Geld zu verdienen“, sagt Rechtsanwalt Andreas Strobl zu ÖSTERREICH.
Larissa Eckhardt