IS-Mitglieder

Lebenslange Haft für zwei Komplizen des Wien-Attentäters

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Am Wiener Landesgericht wurden am Mittwoch drei Männer im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Wien erneut schuldig gesprochen.

Nicht nur waren sie Beitragstäter zum vierfachen Mord - dieser Schuldspruch war schon rechtskräftig - sie waren auch Mitglied der Terrororganisation "IS". Zu diesem Urteil kamen die acht Geschworenen. Die drei fassten letztlich 20 Jahre bzw. zweimal lebenslang aus. Grund für die Neuverhandlung war eine teilweise Urteilsaufhebung durch den OGH.

Dieser bemängelte Fehler in der den Geschworenen erteilten Rechtsbelehrung sowie eine zu wenig konkrete Formulierung des Wahrspruchs, das Urteil vom Februar 2023 wurde deshalb teilweise aufgehoben. Die Schuldsprüche wegen Beihilfe zum Mord waren davon aber nicht betroffen.

Im Februar 2023 kassierte der mittlerweile 23-Jährige für die Abwicklung des Waffen- und Munitionskaufs bzw. die Kontaktherstellung zum Waffenvermittler 19 Jahre Haft. Da er zum Tatzeitpunkt noch ein junger Erwachsener war, wäre die Höchststrafe in seinem Fall 20 Jahren gewesen. Ein 25-Jähriger, der den Attentäter von Mai 2020 bis zum Tag des Anschlags im Wissen um dessen Absichten unterstützt, das Anschlagsziel mitausgesucht und Fluchtvorbereitungen getroffen haben soll, indem er gefälschte Papiere besorgte, fasste dafür 20 Jahre aus. Jener 29-Jährige, der den späteren Attentäter bis zum Tag des Anschlags zur Tatausführung bestärkt sowie die Tatwaffen samt Munition und weiteren Utensilien in der Wohnung des Attentäters vorbereitet hatte, erhielt eine lebenslange Haftstrafe.

Frage ob sie Teil der IS waren

Verhandelt wurde am Mittwoch ausschließlich, ob sie auch Mitglieder einer terroristischen Vereinigung waren. Im Wesentlichen ging es also nur mehr um die Frage, ob sie Teil der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) waren. Dazu bekannten sich die Angeklagten nicht schuldig. Anders sah das naturgemäß die Staatsanwaltschaft. "Es steht unumstößlich fest, dass die drei Beitragstäter zum vielfachen Mord sind. Einzig die Strafe liegt noch in Ihren Händen (...). Sie werden aufs schärfste zu verurteilen sein", richtete sie sich in ihrem Schlussplädoyer mit der Forderung nach der Höchststrafe an die Geschworenen. Bei zwei der Angeklagten geht es zusätzlich um die Frage, ob sie IS-Propaganda versendet haben. Dass sie sich von der radikalislamistischen Ideologie distanziert haben, glaubte die Staatsanwältin den Angeklagten nicht. "Die Ideologie des IS steht für die Angeklagten an oberster Stelle."

"Wie viel wiegt seine Schuld?" lautete dagegen die zentrale Frage an die Geschworenen im Schlussplädoyer von Zaid Rauf, Verteidiger des 25-Jährigen. Er appellierte, eine geringere Strafe als die 20 Jahre auszusprechen, die sein Mandant im ersten Prozess bekommen hatte. "Was wiegt so viel, dass man jemandem 20 Jahre wegnimmt? Auch wenn er nichts getan hätte, auch wenn er den Attentäter nicht gekannt hätte, wäre es zum Anschlag gekommen."

Etwa wurde seinem Mandanten die Kommentierung eines Bekennerpostings des Attentäters mit "Jeje" (soviel wie "jaja", Anm.) als psychischer Tatbeitrag ausgelegt. "Glauben Sie, wenn er (der Attentäter, Anm.) das 'Jeje' nicht bekommen hätte, hätte er sich umgedreht und wäre nach Hause gegangen?", hielt er die Strafe für überhöht. "Geben sie ihm ein paar Jahre zurück", bat er die Geschworenen.Elmar Kresbach, Verteidiger des 29-Jährigen, machte - wie schon öfter während des Prozesses - auf die Schwierigkeit aufmerksam, dass "man den Haupttäter nicht mehr bestrafen" könne, weil der Attentäter beim Anschlag ums Leben kam. Die große Gefahr sei, dass "wir jemanden bestraft sehen wollen, aber den eigentlichen Täter nicht bestrafen können". Man müsse aber "die Kirche im Dorf lassen", forderte er auch für seinen Mandanten eine deutlich geringere Strafe. Den Ausführungen seiner beiden Vorredner schloss sich auch der Verteidiger des 23-Jährigen an. "Nur weil jemand gläubig ist, kann ich ihm nicht die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorhalten."

Nicht thematisierter Justizfehler

Sein Mandant ergriff dann zum Schluss noch selbst das Wort, und brachte einen heute noch nicht thematisierten Justizfehler aufs Tapet. Er selbst bekam 19 Jahre für die Kontaktherstellung zum Waffenvermittler. Dieser wiederum fasste lebenslang aus. Der eigentliche Waffenhändler hingegen kam mit einer neunmonatigen Bewährungsstrafe davon, da das das Sturmgewehr betreffende Verfahren fälschlicherweise eingestellt wurde und der Slowene letztlich nur für eine Faustfeuerwaffe belangt werden konnte. "Da frage ich mich schon, wo die Gerechtigkeit liegt", sagte der Angeklagte. Um kurz vor 14:30 Uhr traten die Geschworenen zur Beratung über die an sie gerichteten Fragen zusammen.

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