Justiz ließ Attentäter wieder frei

''Ich bereue'': So eiskalt log IS-Fan Behörden an

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Mit 18 machte sich der in Mödling geborene Nordmazedonier auf den Weg in den Syrien-Krieg.

Was genau im Leben des HTL-Schülers mit Fußballkarriere-Träumen schieflief und ihn auf radikal-religiöse Pfade abbiegen ließ, ist unklar: Kujtim F., der beim blutigen Amoklauf in Wien am Montag mindestens vier Menschen tötete, wuchs in einem völlig normalen Elternhaus zugewanderter Ex-Jugoslawen auf.

Bis er an einem Samstag im Herbst 2018 mit Sporttasche in der Hand in den Heiligen Krieg marschieren wollte. Sein späterer Anwalt Nikolaus Rast meint, dass es wohl der Besuch einer (Hinterhof-)Moschee war, wo ihm die IS-Gedankenwelt so lange eingeimpft wurde, bis er mit einem türkischen Fußballvereins-Freund aufbrach. Vater Jusuf F. meldete seinen Sohn auf sozialen Medien als vermisst – und tatsächlich konnte sein Sohn in der Türkei kurz vor der Weiterreise nach Syrien gefunden und zurück nach Wien gebracht werden. Dort wurde ihm wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einem terroristischen Verein der Prozess gemacht.

Auch Fußballer-Freund wieder unter Verdächtigen

Haftstrafe. Im Sommer 2019 wurde das Bürschchen mit dem langsam, aber stetig wachsenden Bart zu 22 Monaten Haft verurteilt, die er nur zur Hälfte absitzen musste: Am 5. Dezember 2019 durfte F., der in der Justizanstalt Krems untergebracht war, wieder auf freien Fuß – nachdem er die Justiz eiskalt angelogen hatte: Er bereue seine Taten, sei damals noch jung gewesen und habe vor, in Zukunft mit einer Arbeit oder Ausbildung sein Leben (mithilfe seiner Eltern, eines Bewährungshelfers und eines Deradikalisierungsvereins) in richtige Bahnen zu lenken.

Für ungefährlich eingeschätzt und aus Haft entlassen

Die Justiz fiel voll auf den späteren Mehrfach-Killer – der sich in der Haft mittlerweile ordentliche Muskeln antrainiert und sich hier offenbar noch mehr in den Jihadismus verrannt hatte – herein und entließ ihn in die Freiheit: Das Argument: Es sei davon auszugehen, dass aufgrund der bis dahin abgesessenen Strafe eine „gesetzeskonforme Lebensführung“ von Kujtim zu erwarten sei. Was für eine fatale Fehleinschätzung!

Anfangs schien es zwar so, dass keine Gefahr mehr von dem angeblich geläuterten Fanatiker ausging – doch der 20-Jährige landete endgültig in der gut vernetzten (Parallel-)Welt der Austro-Islamisten in Wien, St. Pölten und Linz.

Insgesamt könnten bis zu 16 Komplizen in die Terror-Visionen des IS-Sympathisanten, der seine Pläne in einer Gemeindebauwohnung auf der Wagramer Straße in der Donaustadt schmiedete, eingeweiht und möglicherweise daran beteiligt gewesen sein. Dar­unter auch Burak K., der türkische Fußballer-Kollege, der vor zwei Jahren versucht hatte, mit dem nordmazedonischen Kumpel nach Syrien zu gelangen.

Am Montag, den 2. November, zog Kujtim jedenfalls schwer bewaffnet los – das Foto postete er kurz davor – und verübte den wohl blutigsten Terror-Anschlag in Wien seit Jahrzehnten. (kor)

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