In einer Volksschule in Wien-Favoriten verhinderte die Direktorin einen Cluster. Sie brachte alle betroffenen Kinder dazu, sich in Selbstquarantäne zu begeben.
„Besorgte Eltern sagten mir am Wochenende, dass die Religionslehrerin schwer krank ist und sogar beatmet werden musste“, erzählt Direktorin Susanna Heinrich. Verdacht: Die Lehrerin leide an Corona.
„Am Donnerstag und Freitag unterrichtete die Religionslehrerin in unserer Volksschule in Favoriten noch acht Klassen“, berichtet Heinrich. Der Sohn der Lehrerin war am Mittwoch getestet worden. Am Freitagnachmittag kam das niederschmetternde Ergebnis – der Sohn hat Corona. Die Lehrerin fühlte sich da bereits unwohl und informierte die Schule.
"Mein Gewissen sagte mir: Du musst handeln"
Derzeit ist die Lage in Österreich folgende: Da es noch kein Testergebnis der Corona-Lehrerin gibt, hätten nach dem Wochenende alle 62 Schüler, mit denen sie Kontakt hatte, wieder in die Schule kommen müssen. Für Direktorin Heinrich bedeutete das somit einen drohenden Cluster in ihrer Schule. „Ich bin weisungsgebunden, darf ohne Anleitung der Gesundheitsbehörden keine Quarantäne verordnen“, sagt die Schulleiterin und fügt an: „Doch mein Gewissen sagte mir: Du musst handeln.“
Im Gespräch mit den Eltern brachte sie diese auf freiwilliger Basis dazu, dass die 62 betroffenen Schüler zu Hause bleiben, versorgt mit Lernmaterial und Übungsaufgaben.
Die Direktorin: „Das Zeitmanagement ist ein Problem. Infizierte sitzen die meiste Zeit ihrer Quarantäne in der Schulklasse. Die Testergebnisse müssten viel schneller die Schulen erreichen.“ Brisant: Die betroffene Corona-Lehrerin machte am Freitag einen Test – das Ergebnis hatte sie bis gestern noch immer nicht!
Immer mehr Corona-Cluster an Schulen
Die Lage im Bildungswesen wird wegen der Corona-Ausbreitung immer angespannter. Im Salzburger Gymnasium Zaunergasse ist die Lage quasi außer Kontrolle. Vier positive Coronafälle ergaben 350 Schüler und Lehrer als Kontaktpersonen. Die Behörde entschied auf Schulschließung.
Chef-Gewerkschafter: "Die Lage spitzt sich zu"
Die Zahl der Fälle wächst rasant. Erst gestern schockierten unter anderem neue Zahlen aus Niederösterreich. Seit dem Wochenende haben sich hier 68 Schüler und 20 Lehrkräfte angesteckt. Das Resultat: Etwa 35 Klassen sind wieder auf Distance Learning umgestellt. VP-Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister erinnert an regelmäßiges Lüften: „Wir wissen, dass diese Maßnahme die Wahrscheinlichkeit einer Infektion deutlich senkt.“
Niederösterreich und Salzburg sind keine Einzelfälle. Wie ÖSTERREICH-Recherchen ergeben, sind etwa in der Steiermark aktuell 69 Schüler und 17 Lehrer erkrankt.
Weitaus dramatischer ist die Situation in Tirol. Im Schulbereich sind 348 Personen aktuell coronapositiv. Davon sind 267 Schüler.
In Wien ergab die Infektion einer einzigen Corona-Lehrerin im Bundesinternat Am Himmelhof einen Schul-Cluster mit 40 Infizierten.
Insgesamt sind 199 Klassen wegen Corona geschlossen – von 55.000, versucht das Bildungsministerium zu beruhigen.
„Die Lage an den Schulen spitzt sich zu“, sagt indessen Lehrergewerkschafter Paul Kimberger. Er fordert als Maßnahme Ausweichquartiere für Schulen mit beengter Raumsituation.