Am Wiener Landesgericht ist am Donnerstag im Mordprozess um die seit Anfang Dezember 2005 vermisste Elisabeth G. der Ehemann der Architektin vom Vorwurf freigesprochen worden, diese getötet zu haben.
Der Wahrspruch der Geschworenen fiel einstimmig aus und wurde nach einer erstaunlich kurzen Beratungszeit getroffen. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab, der Freispruch ist daher nicht rechtskräftig.
"Ich habe die Elisabeth nicht getötet. Ich habe zu hundert Prozent ein reines Gewissen", hatte der mittlerweile 65 Jahre alte Witwer in seinem Schlusswort erklärt. Er wurde unmittelbar nach der Verhandlung enthaftet und konnte noch am Donnerstagabend die Justizanstalt Josefstadt verlassen, wo er seit dem Vorjahr in U-Haft gesessen war.
Für Staatsanwältin kein Zweifel an Schuld
"Fest steht, dass der Angeklagte diesen Mord begangen hat", hatte Staatsanwältin Julia Kalmar in ihrem Schlussvortrag erklärt. Sie ortete eine "geschlossene Indizienkette" und hielt fest: "Wenn man alles zusammen betrachtet, jedes einzelne Indiz, ist das ein Mosaik. Und das ergibt ein eindeutiges Bild." Dass Elisabeth G. sich das Leben genommen haben oder verschwunden sein könnte, um sich andernorts ein neues Lebens aufzubauen, sei "ausgeschlossen", sagte die Staatsanwältin: "Sie hätte die Tochter nie alleine zurückgelassen." Sie räumte ein, dass im Strafverfahren zwar der Zweifelsgrundsatz gilt: "Aber für mich gab es keine Zweifel. Sonst wäre es zu keiner Anklage gekommen und ich hätte das Verfahren einstellen müssen."
Verteidiger Reissmann: "Kein wirklicher Beweis"
Verteidiger Thomas Reissmann betonte dagegen, es gebe "keinen wirklichen Beweis" für einen Mord. Gegen seinen Mandanten sei "ein Korb aus Vermutungen, unvollständigen Ermittlungen und viel Schmutzwäsche" aufgefahren worden. Man habe nach dem Verschwinden der Frau "von Anfang an mit Scheuklappen" und ausschließlich gegen den Angeklagten ermittelt. Zum Verbleib der Frau meinte Reissmann, er glaube, dieser könnte auch ein Unfall zugestoßen sein: "Oder sie ist zu einem Unbekannten ins Auto gestiegen, der nichts Gutes wollte."
Zuvor waren am vierten Verhandlungstag ehemalige Arbeitskolleginnen der Architektin, langjährige Freundinnen und Bekannte sowie eine frühere Liebhaberin und die beste Freundin des Angeklagten als Zeuginnen und Zeugen vernommen worden. Auch eine Psychologin, mit der der 65-Jährige und seine verschwundene Ehefrau Kontakt hatten, wurde befragt. Verfahrensrelevantes war dabei nicht zutage gekommen.
Angeklagter beteuerte stets seine Unschuld
Die Anklage hatte dem 65-Jährigen vorgeworfen, Elisabeth G. "auf bisher unbekannte Art" getötet und an einem unbekannten Ort abgelegt haben. Er bestritt das vehement das und versicherte, er habe mit dem Verschwinden der damals 31-Jährigen nichts zu tun. Nachdem sie am vorangegangenen Wochenende aus der ehelichen Wohnung ausgezogen war, hatte sie am Nachmittag des 6. Dezember 2005 die letzten Sachen aus dieser geholt, wobei sie die seinerzeit zweieinhalbjährige Tochter dabei hatte. Diese wollte dann beim Vater bleiben, was die angeblich depressive Mutter dessen Darstellung zufolge weiter verstimmt haben soll. Seit diesem Tag fehlt von Elisabeth G. jede Spur. Die Staatsanwaltschaft glaubte beweisen zu können, dass sie vom Angeklagten an diesem Abend vorsätzlich getötet wurde.
An die als Zeugin geladene Psychologin war der Ehemann herangetreten, nachdem seine Frau aus der ehelichen Wohnung ausgezogen war und die Scheidung betrieben hatte. "Sein Anliegen war, dass er das Mädchen bei sich haben wollte, weil er sich die Zeit frei einteilen konnte", schilderte die Zeugin. Die berufstätige Frau sei in dieser Hinsicht weniger flexibel gewesen. "Die Mutter sollte das Kind aber auch haben", betonte die Psychologin. Diese habe die Sorge gehabt, "auf die psychiatrische Schiene gelegt zu werden" und deshalb von ihrer Tochter ferngehalten zu werden. Der Mann sei dieser Befürchtung aber entgegen getreten und habe bekräftigt, "dass sie die Tochter natürlich auch sehen soll".
In den höchsten Tönen sprach danach eine Frau vom Angeklagten, die ursprünglich an einer Beziehung mit diesem interessiert gewesen war. "Es war ein Versuch", sagte sie, "aber ich bin beziehungsunfähig." Seither sei der Angeklagte "mein bester Freund". Sie habe sich immer auf ihn verlassen können. "Ich vermisse ihn seit einem Jahr", betonte sie. Der 65-Jährige war 2021 wegen Mordverdachts wieder in U-Haft gekommen.
Zeugin akzeptierte Entschuldigung
Weniger gut zu sprechen war eine andere Zeugin auf den Angeklagten. Sie berichtete dem Gericht, sie sei mit diesem seinerzeit drei Mal intim geworden: "Und dann stellte sich heraus, dass es eine Wette war. Ich war menschlich enttäuscht von ihm." Nach einiger Zeit hätten sich ihre Kontaktdaten einschließlich ihrer Handynummer auf Autobahn-Raststätten gefunden. Sie sei davon ausgegangen, dass der 65-Jährige diese an die Wände gekritzelt hatte. Es hätten sich auch an Sex-Dates interessierte unbekannte Männer bei ihr gemeldet.
Der Angeklagte meldete sich nach dieser Aussage zu Wort und gestand, dass er dafür verantwortlich war: "Ich schäme mich dafür. Ich möchte heute den offiziellen Rahmen dafür nutzen und mich dafür entschuldigen. Die 51-jährige Frau akzeptierte die Entschuldigung: "Danke."