Josefstadt

Zelle in Wien angezündet: 12 Jahre Haft

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Wegen Brandstiftung und schwerer Körperverletzung - Kein versuchter Mord an Mitgefangenen.

Ein Häftling, der am 16. Oktober 2016 seine Zelle in der Justizanstalt (JA) Josefstadt angezündet hatte, ist dafür am Donnerstag vom Wiener Landesgericht für Strafsachen zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Der 34-jährige Algerier wurde am Ende wegen Brandstiftung, schwerer Körperverletzung und Nötigung schuldig erkannt. Dagegen verwarfen die Geschworenen den inkriminierten versuchten Mord.
 
Eigenen Angaben zufolge hatte der Angeklagte Feuer gelegt, um in einen anderen Haftraum zu kommen. Lediglich vier von acht Laienrichtern nahmen an, dass der Mann bewusst den Tod seiner drei Zellengenossen mit in Kauf genommen hatte, als er seine Matratze anzündete und mit gezücktem Buttermesser die Mitgefangenen am Betätigen des in der Zelle angebrachten Alarmknopfs hinderte. Bei Stimmengleichheit war zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass kein Tötungsvorsatz gegeben war.
 

Zellenkameraden verletzt

Bei dem Feuer wurden die Zellenkameraden des Angeklagten schwer, einer sogar lebensgefährlich verletzt. Dass die Gefangenen nicht binnen weniger Minuten an den Rauchgasen erstickten, war nur dem Umstand zu verdanken, dass zwei Oberlichten geöffnet waren. Die Betriebsfeuerwehr hatte zuerst Löschversuche durch die Speiseklappe der in Brand gesetzten Zelle unternommen. Ohne Beiziehung der Wiener Berufsfeuerwehr wären die Insassen der Zelle aber nicht zu retten gewesen. Elf Justizwachbeamte mussten nach dem Einsatz mit Rauchgasvergiftungen im Spital behandelt werden. Die angezündete Zelle wurde komplett zerstört. Der Sachschaden machte 50.000 Euro aus.
 
An sich sieht das Strafgesetzbuch für Brandstiftung maximal zehn Jahre Haft vor. Da der Algerier mehrere einschlägige Vorstrafen aufweist und im Tatzeitpunkt eine Probezeit offen war, erhöhte sich für den Rückfallstäter der Strafrahmen auf bis zu 15 Jahre. Das Gericht orientierte sich bei der Strafzumessung bewusst an dieser Obergrenze, wie die vorsitzende Richterin Martina Krainz betonte. "Ihnen hat es einfach in der Zelle nicht gefallen. Und dann veranstalten Sie so ein Spektakel, wo beinahe drei Menschen gestorben wären", beschied sie in der Urteilsbegründung dem Asylwerber, der sich seinen Angaben zufolge seit 13 Jahren illegal und unter Verwendung verschiedener Aliasnamen in Europa aufhält.
 

"Häf'n"-Erfahrung

In Griechenland, Italien und in Österreich hat der Algerier "Häf'n"-Erfahrung. Am 4. Dezember 2013 wurde er aus einer heimischen Justizanstalt entlassen. Gerade einmal acht Tage später wurde er wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz wieder eingesperrt. Bis zum März 2014 befand er sich dann in Haft. Sechs Wochen später klickten neuerlich die Handschellen. Als er Anfang August 2014 auf freien Fuß gesetzt wurde, versuchte der Algerier in Finnland sein Glück, wurde dort jedoch von der Polizei aufgegriffen und - der Gesetzeslage entsprechend - nach Österreich abgeschoben, wo er zuerst um Asyl angesucht hatte.
 
Als er aufgrund von drei rechtskräftigen Verurteilungen von Wien nach Algerien abgeschoben werden sollte, randalierte der Mann in seiner Zelle im Polizeilichen Anhaltezentrum (PAZ), indem er unter anderem einen Fernseher zertrümmerte. Weil er als gefährlich eingestuft wurde, verlegte man ihn in die Justizanstalt Josefstadt, wo er wenig später das prozessgegenständliche Feuer legte.
 

Emotions- und Empathielosigkeit

Neben dem getrübten Vorleben bewertete das Schwurgericht auch die nach außen hin weitgehend emotions- und empathielose Verantwortung des Angeklagten als straferschwerend. "Jede Reue, jedes Bedauern hat gefehlt", stellte Richterin Krainz fest. "Ich habe nur die Wahrheit gesagt", entgegnete ihr darauf der Algerier.
 
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, obwohl der 34-Jährige seine Strafe zunächst akzeptierte. Während ihm der Dolmetsch die Rechtsbelehrung erteilte, fiel der Algerier diesem ins Wort: "Nein, ich will gar nix. Ich nehme das Urteil an." Nach einer kurzen Besprechung mit seinem Verteidiger ließ er sich dann doch zu einer dreitätigen Bedenkzeit überreden. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.
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