Ex-Kurz-Vertrauter packte bei der WKStA aus

Die Lebensbeichte von ''Chat-Man'' Thomas Schmid

Teilen

Die Bombe ist geplatzt: Ex-Öbag-Chef Schmid legte bei der WKStA „Geständnis“ ab. 

Wien. In der ÖVP ist wieder einmal Feuer am Dach – und das am 50. Geburtstag von Kanzler Karl Nehammer: Wie die WKStA am Dienstag verkündete, will Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid in der Chat-Affäre den Kronzeugen-Status erlangen – wenngleich noch kein offizieller Antrag eingelangt ist. Schmid hatte sich bereits im April an die Staatsanwaltschaft gewandt und im Laufe des Juni 15 Mal jeweils einen Tag vor Ermittlern der WKStA ausgesagt.

In diesen Aussagen legt Schmid eine Art „Lebensbeichte“ ab – und belastet seinen einstigen Chef Sebastian Kurz.

„Habe Kurz gefördert.“ „Ich habe die ÖVP und Kurz aus dem Finanzministerium heraus gefördert, die Ressourcen des Finanzministeriums genutzt, um das Fortkommen der ÖVP unter Kurz zu unterstützen“, gesteht Schmid in dem Einvernahme-Protokoll (siehe unten).

Auf die Frage, ob Kurz darüber Bescheid gewusst habe, antwortet Schmid: „Ja, das war ihm klar. Mir ist ganz wichtig zu betonen, dass ich dieses Tool nur deswegen umgesetzt habe, weil ich von Kurz den Auftrag bekommen habe. Ich habe dieses Tool für Kurz umgesetzt (…). Kurz war zu diesem Zeitpunkt nicht Parteiobmann und konnte das nicht über die Partei finanzieren und organisieren“, so Schmid in seiner Aussage.

»Finanzministeriums-Inserate für ALLE Medien«

Und Schmid gesteht auch, dass alle Medien Inserate vom Finanzministerium bekommen hätten: „Im Wissen, dass Inserate des BMF nicht zu Wahlkampfzwecken der ÖVP geschaltet oder bezahlt werden dürfen, hat das BMF rund um den Wahlkampf 2017 Inserate in allen Medien geschaltet.“

Und Schmid erklärt, dass ihn Kurz nach den Hausdurchsuchungen im Oktober 2021 unter Druck gesetzt hätte, „die ganze Schuld auf mich zu nehmen“. Kurz habe ihn „rund um die Hausdurchsuchungen mehrfach angerufen und mir gesagt, ich müsse jetzt eine schriftliche Stellungnahme abgeben, wonach er nichts von all diesen verfahrensgegenständlichen Vorwürfen wisse und ich die ganze Schuld auf mich nehmen soll.“ Er habe das Gefühl gehabt, benutzt zu werden – das hätte zu einem Umdenken bei ihm geführt. Ausschlaggebend für sein Geständnis sei schlussendlich aber seine Mutter gewesen: „Wir haben dich nicht so erzogen“, hätte sie ihn dazu gedrängt, auszupacken.

Schmid tauschte dafür auch seinen Anwalt aus: Anstatt seines bisherigen Verteidigers Thomas Kralik vertritt ihn der Wiener Roland Kier.
Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Die wichtigsten Passagen im Überblick

Thomas Schmid packte bei den Ermittlern aus, und erhob schwere Anschuldigungen gegen Sebastian Kurz. 15 Mal wurde Schmid insgesamt verhört. Die wichtigsten Passagen des Geständnisses im Überblick.

Sinneswandel: Mutter bewegte ihn zur Aussage

➔ Geständnis: „Ich habe beschlossen, einen neuen Weg zu gehen und einen Schlussstrich zu machen“, erklärt er den Er¬mittlern seine Bereitschaft zur Aussage. Ausschlaggebend sei dafür seine Mutter gewesen. „Wir haben dich nicht so erzogen“, ermahnte sie ihn.

BMF-Gelder: »ÖVP und Kurz daraus gefördert«

➔ Finanz-Gelder: Ex-Kanzler Sebastian Kurz belastet er schwer: „Ich habe die ÖVP und Kurz aus dem BMF heraus gefördert“, gesteht er. Schmid schildert, wie er „auch manchmal am Minister vorbei“ Gelder aus dem Finanzministerium, während seiner Zeit als Generalsekretär, für parteipolitische Zwecke genutzt habe. „Dies umfasst Personal im Kabinett, Personalbesetzungen, ‚Wordings‘, Berechnungen, Vorbereitungen für Verhandlungen einer neuen Regierung, Personalbesetzungen“, so Schmid.

Kurz involviert: »Habe ihm Chats nicht gegeben«

➔ Schwere Vorwürfe: Kurz selbst soll darin eingebunden gewesen sein. „Kurz hat mir zunächst gesagt, er sei mir nicht böse“, so Schmid über das letzte Treffen mit soll Kurz. Dabei forderte der Ex-Kanzler alle Chats von Schmid: „Er hat zu mir gesagt, ich solle ihm das „Kastl“ herausgeben, damit meinte er meine Chats und das Backup. Er meinte, er müsse sich um diese Chats jetzt selber kümmern, weil sonst die ÖVP und das ganze Land den Bach hinunter gehen“, erzählte Schmid. Kurz wollte so schnell wie möglich nachsehen, wer darin belastet wird. „Einerseits betreffend die ÖVP und ihn selbst und andererseits auch was hinsichtlich anderer Personen, insbesondere politische Mitbewerber zu finden sein könnte“. Das habe er allerdings nicht getan, wie Schmid bei der Aussage beteuert. Darüber hinaus habe Kurz von ihm verlangt, ihn schriftlich zu entlasten. „Deswegen bin ich auf Tauchstation gegangen“, erklärte Schmid.

Postenschacher im BMF: »Stand im Vorhinein fest«

➔ BMF-Posten: Während seiner Zeit im Finanzministerium kam es laut seiner Aussage in dem Ressort auch zu fragwürdigen Personalbesetzungen: „Es hat Postenbesetzungen gegeben, bei denen im Vorhinein feststand, wer diese Posten ¬bekommen würde. Beides waren Wünsche des Ministers Schelling“, es sei dann auch genauso gekommen, schilderte Schmid.

Sobotka-Interventionen: »Es ist erledigt worden«

➔ Interventionen: Auch der ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka wird belastet: „Mag. Sobotka intervenierte bei mir, er teilte mir mit, dass es betreffend das Alois-Mock-Institut oder die Alois-Mock-Stiftung (das weiß ich nicht mehr genau) sowie die Erwin-Pröll-Stiftung Steuerprüfungen gäbe, und dass das nicht sein könne. Es sei zu erledigen“, beschreibt Schmid die Intervention während seiner Zeit als damaliger Generalsekretär im BMF.

Er habe die Informationen dann an Kabinettsmitarbeiter oder an Sektionschef des Finanzministeriums weitergegeben. „Es ist dann im Sinne von Sobotka erledigt worden“, erklärte Schmid den Ermittlern. Es gilt die Unschuldsvermutung.
  

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.