EuGH: Widerruf der Einbürgerungszusicherung unzulässig

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Urteil sieht in Entscheidung der Wiener Landesregierung keine Verhältnismäßigkeit - Verwaltungsübertretungen der Antragstellerin nicht schwerwiegend genug

Die Entscheidung der Wiener Landesregierung, die Einbürgerungszusicherung der niederösterreichischen Landesregierung für eine estnische Antragstellerin zu widerrufen, weil diese zwei Verwaltungsübertretungen beging, steht laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des EU-Rechts im Einklang. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte den EuGH um die Klärung dieser Frage gebeten.

Die Frau aus Estland hatte im Dezember 2008 die österreichische Staatsbürgerschaft beantragt. Im März 2014 hatte ihr die niederösterreichische Landesregierung die Zusicherung, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten, gegeben, wenn sie im Gegenzug ihre estnische Staatsbürgerschaft innerhalb von zwei Jahren zurücklegt, was die Frau auch tat. Sie ist daher seit Ende August 2015 staatenlos. Sie legte in der Folge eine Bestätigung über die Rücklegung ihrer estnischen Staatsbürgerschaft in Österreich vor, doch die Wiener Landesregierung beschied ihr im Jahr 2017, wegen diverser Verwaltungsübertretungen erfülle sie die Voraussetzungen einer Einbürgerung doch nicht.

In dem am Dienstag veröffentlichten Urteil heißt es, dass die Situation der Frau, die durch den Verlust der estnischen Staatsbürgerschaft auch den Status als EU-Bürgerin verloren hatte, ihrem Wesen und ihre Folgen nach unter das Unionsrecht falle. Die EuGH-Richter nehmen aber auch den Herkunftsmitgliedstaat in die Pflicht: Estland hätte vor dem Löschen der Staatsbürgerschaft sicherstellen müssen, dass diese Entscheidung erst in Kraft tritt, wenn die neue Staatsbürgerschaft tatsächlich erworben wurde.

Die Entscheidung der Wiener Landesregierung über den Widerruf der Zusicherung der Staatsbürgerschaft sei jedoch nicht verhältnismäßig, wenn dies mit Verwaltungsübertretungen im Straßenverkehr begründet werde, die in Österreich rein finanziell geahndet werden, so die EuGH-Richter. Die Frau war bei Verkehrskontrollen mit Alkoholisierungen zwischen 0,5 und 0,8 Promille und ohne Prüfplakette am Auto erwischt waren.

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