Im Krimi um den Wirecard-Skandal und die Suche nach einem Maulwurf führt eine neue Spur ins Verteidigungsministerium.
Der Wirecard-Skandal und die Machenschaften des österreichischen Managers Jan Marsalek beherrschen seit Wochen die Schlagzeilen im In- und Ausland. Nun sorgt ein Exklusiv-Bericht des "Focus" erneut für Wirbel. Demnach gibt es im Netzwerk des untergetauchten Unternehmers auch einen Top-Brigadier, der im österreichischen Verteidigungsministerium tätig ist.
Wie stark vernetzt der Wirecard-Chef war, schockte bereits drei österreichische Ministerien und wird nun peu à peu immer deutlicher. Wie ÖSTERREICH vor zwei Wochen berichtete, kam Marsalek an streng geheime Daten, unter anderem an die Formel des Nervengifts Nowitschok. Ein Wasserzeichensignum beweist, dass die sensiblen Unterlagen aus den Händen österreichischer Beamter stammten. Seitdem sucht man fieberhaft nach dem Maulwurf und leitete bereits entsprechende Ermittlungen ein.
Mit Schüssel, Sarkozy & Co. im Nobelrestaurant
Jetzt gibt es eine neue Spur. "Focus" berichtet über einem illustren Abend im April 2017 im Münchner Nobel-Restaurant "Käfer". Auf Einladung einer ominösen Münchner Stiftung kamen rund 20 Gäste zusammen, darunter unter anderem Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, Jan Marsalek und auch Top-Brigadier Gustav Gustenau, Offizier und essentiell für die Ausrichtung der Sicherheitspolitik Österreichs.
Marsalek und Sarkozy pflegten immer wieder einen guten Kontakt in den vergangenen Jahren. Vor allem das gemeinsame Interesse an Libyen verbindete sie. Der Ex-Diktator des Wüstenstaats Muammar al-Gaddafi soll 50 Millionen Euro für Sarkozys Wahlkampf 2006/07 gespendet haben. Eine Causa, die immer noch die französische Staatsanwaltschaft beschäftigt.
Marsalek hatte ebenfalls Interesse an Libyen. Wie er an jenem Abend vor drei Jahren dem rennomierten Migrationsexperten Kilian Kleinschmidt erzählte. Er sollte im Auftrag von Marsalek ein Konzept zum Wiederaufbau des Landes entwickeln. Die menschliche Perspektive war dem zielstrebigen Manager dahinter aber freilich egal. Wie er später erklärte, besitze er drei Zementfrabriken dort und nur durch einen Wiederaufbau ließe sich dadurch Geld machen. "Für eine Machbarkeitsstudie bot Marsalek Kleinschmidt 200 000 Euro an. Zugleich spannte er die österreichische Regierung ein, lockte mit dem Versprechen, auf diese Weise das Flüchtlingsproblem für die EU zu mildern. Das Verteidigungsministerium prüfte das Angebot ernsthaft und sagte eine Beteiligung von 20 000 Euro zu", heißt es in dem "Focus"-Bericht.
Der wahre Grund hinter seinem Plan war aber ein anderer, wie sich 10 Monate später herausstellen sollte. Im Februar 2018 kam es erneut zu einem Treffen zwischen Marsalek, Kleinschmidt und dem Austro-Offizier Gustenau. Dieses Mal besprachen die Männer alles in der privaten Residenz des Managers in München. Denn der geplante Wiederaufbau wurde gestrichen. Stattdessen wollte Marsalek 15.000 Söldner an die Südgrenze des Wüstenstaats schicken, um diese abzuriegeln. „Hier hätten beim Brigadier alle Alarmglocken schrillen müssen, dass etwas faul ist“, sagt ein hochrangiger Geheimdienstler gegenüber dem Magazin. Denn es gab bereits Hinweise darauf, dass sich in diesen Zementfabriken russische Söldner breit machten "und außerdem war allen klar, dass die Russen dort mitmischen wollen.“
Dass Marsalek enge Verbindungen nach Russland pflegt, zeigen nicht nur seine dokumentierten Reisen in das Land, sondern auch seine Tätigkeit als Ehrensenator der "Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft" (ORFG). Auffällig: in dem Präsidium eben jener Gesellschaft, die sich "für die Vernetzung Österreichs und Russlands auf allen Ebenen" zuständig sieht, sitzt auch Brigadier Gustenau.
Für alle genannten Personen gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.