Integration

Der Bericht und seine Empfehlungen

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Innenminister Günther Platter hat am Dienstag den Integrationsbericht - eine Diskussionsgrundlage zur Integration - vorgestellt.

Die Regierung nimmt das von der EU ausgerufene "Jahr der Integration" zum Anlass, verstärkt Initiativen in diesem Bereich zu setzen. Dazu wurde im vergangenen Oktober ein Integrationsbericht in Auftrag gegeben, der von Experten des Innenministeriums und Fachleuten wie der Wifo-Forscherin Gudrun Biffl erstellt wurde. Auf Basis dieses 216 Seiten starken Papiers soll bis zum Sommer ein Maßnahmenpaket erarbeitet werden, das die Integration der rund 1,3 Millionen in Österreich lebenden Menschen mit Migrationshintergrund stärkt.

Aufgeteilt wurde der Report in acht Bereiche. Im Folgenden eine Zusammenfassung der wichtigsten Analysen und Vorschläge.

1. GRUNDWERTE und RECHTE:

Analyse:

  • Anerkennung der Grundwerte kann verlangt werden und garantiert friedliches Zusammenleben.
  • Toleranz muss gegenseitig sein.Grenzen der Verschiedenheit dürfen nicht "überdehnt" werden.
  • Problem der Integration vornehmlich bei Angehörigen der islamischen Kultur.

Empfehlungen:

  • Verstümmelung von Frauen, Ehrenmorde, Hasspredigten etc. müssen sanktioniert werden.
  • Einbürgerungen: Kenntnisse von Sprache und Kultur müssen verlangt werden.

2. BILDUNG UND SPRACHE:

Analyse:

  • Zuwanderer haben häufiger als Österreicher keinen Pflichtschulabschluss, sind aber auch häufiger Akademiker.
  • Zuwanderer aus EU-Ländern haben höheren Bildungsgrad als Österreicher, Zuwanderer aus der Türkei und dem früheren Jugoslawien einen niedrigeren (auffällig: 78 Prozent der 20- bis 64-jährigen Frauen mit Geburtsland Türkei haben nur Pflichtschulabschluss).
  • Aufteilung der Migranten zwischen römisch-katholischen Christen (32 Prozent) und Muslimen (27 Prozent) ist in etwa ausgewogen.
  • Anteil von Schülern nicht-deutscher Muttersprache stieg zwischen 2001 und 2006 von 10,9 auf 14,2 Prozent. Diese Gruppe ist deutlich überdurchschnittlich in Sonderschulen repräsentiert.

Empfehlungen:

  • Augenmerk auf rasche Vermittlung der deutschen Sprache. "Möglichst früher" Eintritt in den Kindergarten.
  • Ausbildung von Kindergärtnerinnen mit Migrationshintergrund.
  • Förderungen auch in der Erwachsenenbildung sowohl bezüglich sprachlicher als auch beruflicher Fertigkeiten.
  • Ausweitung der Stundenzahl bei den Deutschkursen für die Integrationsvereinbarung mit finanziellen Anreizen wie etwa zinslosen Darlehen bzw. Unterstützung durch Unternehmen.
  • Grundkurs über Gesellschaft und Kultur vor Zulassung als Religionslehrer.

3. ARBEITSMARKT UND WIRTSCHAFT:

Analyse:

  • Mehr als ein Drittel der ausländischen Erwerbstätigen stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien, gefolgt von EU-Bürgern und Türken.
  • Hauptbeschäftigungsfelder von Ausländern sind Land- und Forstwirtschaft sowie Gastronomie bzw. Tourismus.
  • Ausländer und Eingebürgerte haben wesentlich seltener Fulltime-Jobs als Inländer.
  • Junge türkische Frauen verweilen immer häufiger im Haushalt bzw. der Karenz. 1995 waren 17,2 Prozent der 15- bis 24-Jährigen daheim, 2002 war der Anteil auf 32 Prozent gestiegen.

Empfehlungen:

  • Zuwanderer müssten stärker in Qualifizierungsmaßnahmen vor allem für Mangelberufe einbezogen werden. Ausländer müssen spezielle Zielgruppe im AMS werden.
  • Muttersprachliche Beratung zu Beginn des Beratungsprozesses.
  • Stärkere Beschäftigung von Personen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Sektor.
  • Unternehmen mit besonderem Engagement im Bereich Integration sollten öffentlich ausgezeichnet werden.
  • Erleichterte Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen.

Lesen Sie weiter: "Kriminalität eher gering"

4. SICHERHEIT

Analyse:

  • Kriminalität von Ausländern in Österreich ist im Kontext der Gesamtbevölkerung "eher gering".
  • Trotzdem teilweise stärkere Kriminalität von Ausländern im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung.
  • Migrantinnen werden vergleichsweise häufig Opfer von häuslicher Gewalt.
  • Hotspots in einzelnen Ballungsräumen sind zu erkennen.
  • Radikalisierungsprozesse im Bereich Islamismus und Dschihadismus in geringem Umfang feststellbar.
  • Durch rein polizeiliche Maßnahmen können zukünftige Sicherheitsprobleme nicht gelöst werden.

Empfehlungen:

  • Aufnahme von Personen mit Migrationswissen in den Polizeidienst.
  • Maßnahmen gegen die Entwicklung dschihadistischer Milieus.
  • Erstellung eines wissenschaftlichen Sicherheitsberichts.
  • Abbau von Diskriminierungen und Benachteiligungen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.

5. WOHNEN UND STADTENTWICKLUNG

Analyse:

  • Keine erfolgreiche Integration, wenn Wohnung weder über Fließwasser noch über Heizung verfügt. Elf Prozent der Zuwanderer aus Ex-Jugoslawien und Türkei leben in Substandard-Wohnung, aber nicht einmal ein Prozent der Österreicher.
  • Ghettobildung wirkt sich negativ auf Integration aus. Schlechte Wohnsituation verhindert neues Heimatgefühl.
  • Benachteiligung der Zuwanderer bei finanzieller Bewältigung des Wohnaufwands.
  • Sparen bei Wohnkosten, um im Herkunftsland in Wohnraum zu investieren.
  • Nur elf Prozent der Zuwanderer leben im ländlichen Raum, aber 37 Prozent der Österreicher.

Empfehlungen:

  • Zugang für Ausländer zu Wohnbauhilfe und Wohnbauförderung.
  • Hebung der Wohnqualität in Vierteln mit hohem Zuwanderanteil und Anreize für Studenten, sich in diesen Gebieten anzusiedeln.
  • Schaffung von Integrationsbeauftragten in größeren Hausverwaltungen.

6. INTEGRATIONSRAUM GEMEINDE

Analyse:

  • Zuwanderung ist in erster Linie ein städtisches Phänomen. Mehr als zwei Drittel der Ausländer leben in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern.
  • Integrationsmaßnahmen in Kommunen sind noch keine Selbstverständlichkeit.

Empfehlungen:

  • Grundvoraussetzung für Gelingen von Integration ist, dass sich Spitzen der Gemeinde für das Anliegen intensiv einsetzen. Interesse bei Bediensteten der Kommunen muss gefördert werden.
  • Stadtteilspezifische Integrationsarbeit.
  • Einstellung von Personen mit Migrationshintergrund in den Gemeinden.
  • Erstellung eines Handbuchs zur kommunalen Integrationsarbeit.

7. PARTIZIPATION UND MEHRHEITSGESELLSCHAFT:

Analyse:

  • Mittelschichtbildung und Integration von Zuwanderern wird wegen Einbürgerungen statistisch unterschätzt.
  • Zuwanderer sind durch fehlende Ressourcen bei Durchsetzung ihrer Interessen benachteiligt.
  • Wahlbeteiligung von Eingebürgerten liegt unter der durchschnittlichen Partizipation.

Empfehlungen:

  • Verstärkter Einsatz von Runden Tischen und stärkere Teilnahme in Nachbarschafts-, Sport- und Kulturvereinen. Gemeinden sollen über Subventionen für inklusive Ansätze sorgen.
  • Betriebsräte und Gewerkschaft sollen Mitarbeiter mit Migrationshintergrund über ihre Wahl- bzw. Kandidaturmöglichkeiten auf Firmenebene informieren.
  • "Höhere Einbürgerungsrate langansässiger Migranten" wäre zu empfehlen. Bessere Information über die Staatsbürgerschaft durch die Gebietskörperschaften.

8. KULTUR UND MEDIEN

Analyse:

  • Interkultureller Dialog nicht ausreichend für nachhaltige Integration.
  • Immigranten sind durch TV-Programme aus der Heimat "kulturell autark".

Empfehlungen:

  • Informationskampagne zur Hebung des Images von Migranten.
  • Erarbeitung einer Österreich-Charta zur Darstellung der Vielfalt des Landes.
  • Fremdsprachige Untertitel in österreichischen Filmen.
  • ORF könnte Menschen mit Migrationshintergrund explizit zu Bewerbungen einladen.
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