Der Rechtsausschuss des Europaparlaments wird voraussichtlich am 25. März über eine Empfehlung zur Aufhebung der parlamentarischen Immunität des parteifreien österreichischen Abgeordneten Hans-Peter Martin entscheiden.
Wie am Montag nach geheimen Beratungen des Ausschusses in der Causa aus Parlamentskreisen verlautete, soll dann über einen entsprechenden Berichtsentwurf der zuständigen britischen Liberalen und Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Diana Wallis, abgestimmt werden.
Fahrplan wird festgelegt
Am Dienstag sollen noch einmal die
zuständigen Parlamentskoordinatoren über den weiteren Fahrplan beraten.
Sollte der Ausschuss eine Aufhebung der Immunität empfehlen, müsste das
Plenum des Europaparlaments dann über die Aufhebung der Immunität mit
Mehrheit entscheiden.
Privatanklage
Martin wies am Montag jeden Zusammenhang mit den
früheren Ermittlungen der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF zurück, die zu
einer Rückforderung des EU-Parlaments von 163.381 Euro geführt haben,
wogegen Martin beim Europäischen Gerichtshof geklagt hat. "Das hat
nichts mit der OLAF-Geschichte zu tun", sagte er. Es handle sich
vielmehr um eine Privatanklage seiner früheren Steuerberatungskanzlei Merkur
Treuhand. Dabei gehe es um 7.000 Euro. Er berufe sich dabei auf die
Generaldirektion Finanzen des EU-Parlaments.
Betrugsvorwürfe "zusammengebrochen"
Martin hatte
im vergangenen April erklärt, die Betrugsvorwürfe gegen ihn seien "in
sich zusammengebrochen". Der Generaldirektor Finanzen des
EU-Parlaments, Roger Vanhaeren, und der bisheriger Leiter der Zahlstelle des
Parlaments, Koenraad Snijders, hätten keinerlei Missbrauch von EU-Geldern
festgestellt. Es sei keinerlei Schaden entstanden, alle sozialrechtlichen
Abgaben und Steuern für die Mitarbeiter seien bezahlt, Martin habe keinen
Euro für sich bekommen. "Nur ein Formfehler wurde bemängelt: der
seinerzeitige Kontenbetreuer Martins, der Steuerberater Christoph Matznetter
(inzwischen Staatssekretär für Finanzen in der österreichischen Regierung),
hatte drei Mitarbeiter-Computer über die 'Sekretariatszulage' statt über die
'Bürokostenzulage' abgebucht, ebenso zwei Telefonabrechnungen, alles im
Gesamtwert von 7.168 Euro. Dieser Fehler wurde umgehend korrigiert",
hatte Martin betont.
Kreditschädigungs-Klage
In der Kreditschädigungs-Klage der
Merkur Treuhand heißt es, es sei "evident", dass Martin
sowohl Matznetter als auch der Merkur Treuhand "den 'Schwarzen Peter'
für sein eigenes Missgeschick zuschiebt" und versuche, "die
entstandene schiefe Optik" auf die Merkur Treuhand abzuwälzen. Es sei "unwahr",
dass die damals zuständige Rechtsvorgängerin der Merkur Treuhand "für
etwaige Fehler bei der Abrechnung der Sekretariatszulage verantwortlich zu
machen sei bzw. dass diese überhaupt einen Fehler gemacht habe, da die
Abrechnung in der erfolgten Form auf ausdrückliche Weisung des Beschuldigten
erfolgt ist, dieser mehrfach auf die Unrichtigkeit der Abrechnung
hingewiesen wurde und das Europäische Parlament die Rechtsvorgängerin der
Privatanklägerin (Merkur Treuhand, Anm.) zu einer solchen Abrechnung
angehalten hat."
Weiters heißt es in der Klage: "Die 'monatelangen Untersuchungen des Generaldirektors Finanzen des EU-Parlaments' und der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf sind somit dem Beschuldigten durch sein eigenes Verhalten selbst zuzuschreiben; dieser selbst ist verantwortlich, dass die Mitarbeiter-Computer von der Sekretariatszulage an ihn ausbezahlt wurden."