Das schwache voraussichtliche Ergebnis bei der EU-Wahl ist bei der SPÖ mit Enttäuschung aufgenommen worden. Parteichef Andreas Babler bemühte sich dennoch, Zuversicht zu verbreiten.
Vor seinen Parteifreunden im Wiener Marx-Palast sprach er am Abend von einem "sehr stabilen Ergebnis", das man über die Ziellinie gebracht habe. "Natürlich hätte ich mir ein bisschen mehr erwartet", sagte er. "Aber die FPÖ ist in Schlagdistanz."
Bei der Nationalratswahl werde man sie schlagen können: "Bei der kleinen Differenz ist das ein Klacks, wir werden die FPÖ stoppen", versprach der SPÖ-Chef. Bei seiner Kür zum Parteivorsitzenden vor einem Jahr sei die SPÖ in Umfragen noch bei 19 Prozent gelegen, nun bei 23 Prozent, so Babler. Das Ergebnis sei nicht schönzureden, aber "wir sind stabilisiert". Fehler im Wahlkampf wollte er nicht eingestehen. Die Themenlage in Europa sei schwierig gewesen, jene bei der Nationalratswahl werde eine andere sein.
Offenes Rennen um Platz 2
Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim sprach zuvor von einem nach wie vor "offenen Rennen um Platz zwei" hinter der FPÖ. "Sollten wir Dritter werden, sind wir natürlich nicht zufrieden", so Seltenheim. Wie Babler rief auch der Bundesgeschäftsführer ein Duell zwischen FPÖ und SPÖ um die Kanzlerschaft bei der Nationalratswahl im Herbst aus. Andreas Schieder sei der richtige Kandidat gewesen, betonte Seltenheim. Eine Führungsdebatte um den Parteivorsitz befürchtet er nicht. "Wir sind sicher nicht gut beraten, knapp vor der Nationalratswahl denselben Fehler zu machen" wie vor eineinhalb Jahren, so der SPÖ-Bundesgeschäftsführer.
"Wunsch nach Veränderung"
Noch klarer seine Enttäuschung zeigte SPÖ-Klubobmann Philip Kucher: "Da brauchen wir nicht herumeiern, natürlich hätten wir uns mehr erwünscht und erhofft". Als Ursachen verwies der Klubobmann auf den europaweiten Rechtsruck und den offensichtlichen Wunsch nach einer Veränderung in der Bevölkerung, "wenn die beiden Regierungsparteien zusammen nur auf ein Drittel der Zustimmung" kommen.
In der SPÖ hofft man nun offenbar, dass der Wahlsieg der FPÖ zu einer Mobilisierung zugunsten der Sozialdemokratie bei der Nationalratswahl führen könne. "Wir wissen seit dem heutigen Ergebnis in aller Klarheit, was Österreich drohen kann und welche Aufgabe vor uns allen als Demokratie und als Gesellschaft liegt: Herbert Kickl als Kanzler zu verhindern", formulierte es Kucher. Die Sozialdemokratie sei die einzige Partei, die das verhindern könne, gab er bereits die Richtung für den Nationalratswahlkampf aus.
Die Frage nach den Fehlern im Wahlkampf wollte Kucher nicht beantworten. Man werde sich jetzt zusammensetzen, miteinander den Wahlkampf ansehen, analysieren und Ableitungen treffen, sagte er. Am Montag tagen dazu die Parteigremien der SPÖ.
Kein Grund zur Freude
Finanzsprecher Jan Krainer bemühte sich auch Positives im voraussichtlichen Wahlergebnis zu erkennen. Es sei kein Grund zur Freude, aber man liege ein bisschen besser als in den Umfragen, "die Richtung stimmt, aber ein bisschen langsam", meinte Krainer. Zudem habe die SPÖ mit einer Ausnahme bisher bei Nationalratswahlen immer besser abgeschnitten als bei Europawahlen, so Krainer, da solle man das Ergebnis nicht "falsch einzuordnen".
"Wir als SPÖ sind nicht unterzukriegen"
Bereits kurz nach der Veröffentlichung der ersten Trendprognosen verließen viele SPÖ-Mitglieder die ohnehin spärlich besuchte Wahlveranstaltung wieder. Im Laufe des Abends füllte sich der Saal wieder, die Stimmung blieb aber gedämpft. Applaus erntete die Listenzweite Evelyn Regner bei ihrer Ankunft am Abend. Sie bemühte sich dann auch, den enttäuschten Genossinnen und Genossen Mut zuzusprechen. "Wir als SPÖ sind nicht unterzukriegen", rief sie ihnen zu. Man sei ein bisschen "ernüchtert", aber "wir halten zusammen, auch wenn es jetzt ein bisschen haarig wird." Wichtig sei auch, "es gibt eine Zweidrittel-Mehrheit, die nicht den Rechtsruck wollen". Auch Schieder und Babler ernteten bei ihrer Ankunft langen Applaus.