Berlin lässt auf sich warten

Euro-Länder uneins bei Reform der Schuldenregeln

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Finanzminister Blümel gegen weitere Ausnahmen.

Die Diskussion über eine Reform der EU-Schuldenregeln kommt vor der Regierungsbildung in Deutschland nicht voran. Bei einem Treffen der Eurogruppe am Montag zeigten die unterschiedlichen Parteien kein Entgegenkommen. "Es geht um die Frage: Soll es weitere Ausnahmen geben, um weitere Schulden machen zu können? Wir sind dagegen", sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Sein französischer Kollege Bruno Le Maire hingegen meinte, das derzeitige Schuldenlimit sei "obsolet".

Le Maire plädierte dafür, neue Regeln zu definieren. Blümel sagte, dass sich erst ein Trend abzeichnen werde, wenn die deutsche Linie feststehe. FDP-Chef Christian Lindner, der in einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen Finanzminister werden will, hat sich gegen eine umfangreiche Reform der EU-Regeln ausgesprochen. Es sei daher gut, wenn er Finanzminister würde, so Blümel. Allerdings gilt auch der Co-Vorsitzende der Grünen, Robert Habeck, als Anwärter auf das Amt. Vor allem südliche EU-Länder wie Italien hoffen, dass Habeck eine weichere Linie als der Liberalen-Chef fahren könnte.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht vor, dass EU-Länder nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung an Schulden aufnehmen. Haushaltsdefizite sollen bei 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedeckelt werden. Während der Corona-Krise wurde der Pakt ausgesetzt, soll aber 2023 wieder in Kraft treten. Die durchschnittliche Schuldenquote in der EU lag laut der Kommission 2020 bei 92 Prozent, die Defizitquote durchschnittlich bei sieben Prozent. Vor diesem Hintergrund hat die Brüsseler Behörde kürzlich eine öffentliche Befragung zu einer möglichen Reform der Regeln gestartet, die bis Ende des Jahres läuft.

Frankreich nutzte die Gelegenheit des Treffens in Brüssel auch, um erneut für eine Reform der Energiemärkte zu werben. Besonders Produzenten von Ökostrom oder Atomstrom haben von den zuletzt angestiegenen Strompreisen profitiert, da ihre Produktionskosten niedrig geblieben sind im Vergleich zur teuren Stromproduktion mit Gas. Le Maire schlug vor, dass Stromproduzenten diese Gewinne in einem "automatischen Stabilisierungsmechanismus" an Verbraucher und Unternehmen verteilen sollten. Ein Diskussionspapier dazu, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag, soll beim Treffen aller EU-Wirtschafts- und Finanzminister am Dienstag besprochen werden.

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