Norbert Wess habe verboten, dass Fiona vor Gericht komme und aussage, "weil die hätte sich hier nicht eine Falschaussage vorwerfen lassen", sagte der Anwalt.
Grassers zweiter Verteidiger Norbert Wess ging in seinem Schlussplädoyer in der Hauptverhandlung heute auch darauf ein, dass sich Grassers Ehefrau Fiona im Korruptionsprozess der Aussage entschlagen hat. Er habe verboten, dass Fiona vor Gericht komme und aussage, "weil die hätte sich hier nicht eine Falschaussage vorwerfen lassen", sagte der Anwalt in Richtung der beiden Staatsanwälte.
Die Ankläger hätten gestern die "wiederholte falsche Aussage von Fiona Grasser "suggeriert", denn die Ankläger hätten gesagt, sie hätte sich für ein fremdes Konto hergegeben. "Wir haben gesagt, für den Gesamtfrieden im Verhandlungssaal wäre es nicht zweckmäßig, wenn Sie hier Rede und Antwort stehen".
Dass Grassers Schwiegermutter Marina Giori-Lhota nicht als Zeugin gekommen sei und sich der Aussage entschlagen habe, könne er nachvollziehen, sagte Wess. "Das ist eine durchaus betagte Dame, die sehr vermögend ist", und die nie die Öffentlichkeit gesucht habe, ihr sei die ganze Situation sichtlich unangenehm. Sie habe diesen Standpunkt ganz sicherlich eingenommen, "weil sie Angst gehabt hat, sie wird da hineingezogen", sagte Wess. Grassers Schwiegermutter hatte gegenüber den Behörden erklärt, dass das Geld auf dem Ferint-Konto - 500.000 Euro wurden in bar von Grasser eingezahlt - nicht ihr Geld sei, was Grasser lange behauptet hatte. Später hatte er gesagt, sie habe das Geld ihrer Tochter geschenkt.
Der Grasser-Anwalt brachte dann zur Untermauerung seiner Argumentation einen drastischen Vergleich: Wenn ein Mord in Favoriten passiere, könne man auch nicht sagen, Wess sei zu der Zeit in Wien gewesen, der müsse es gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft hatte gestern unter anderem vorgebracht, dass Auszahlungen vom Liechtensteiner Konto, wo ein Teil der Buwog-Provision lag, mit Bareinzahlungen auf Grasser-Konten korrelieren.
Auch dem Anklagepunkt Korruption beim Linzer Bürohaus Terminal Tower widmete sich der Verteidiger. Auch hier habe die Anklage keine Bestechung Grassers beweisen können, sagte er. Dass die Ankläger meinten, Grasser habe sich um die Anliegen der Belegschaft nicht gekümmert, habe seinen Mandanten wirklich verletzt, wo doch alle Zeugen ausgesagt hätten, der Minister sei immer sehr aufmerksam gegenüber den Mitarbeitern gewesen und sei sogar in der Kantine des Ministeriums essen gegangen. Wegen eines Bestechungsvorwurfs über 200.000 Euro habe die Staatsanwaltschaft das Leben der Linzer Angeklagten viele Jahre lang massiv beeinträchtigt und ihre beruflichen Karrieren ruiniert. "Es kommen einem die Tränen", sagte Wess.
Neben der Staatsanwaltschaft, die aus Sicht von Wess das Objektivitätsgebot verletzte, nahm der Verteidiger wieder einmal die Medien ins Visier. So monierte er einen Tweet von Falter-Chefredakteur Florian Klenk, der gestern aus der Verhandlung ein Lob für die Staatsanwaltschaft getwittert hatte. Die Schöffen sollten von allen vorverurteilenden Medienberichten unbeeinflusst entscheiden, auch unbeeinflusst von Sympathie.
Zum Schluss seines zweistündigen Vortrags projizierte Wess noch die Pflichten von Schöffen an die Wand. Damit wolle er die Laienrichter keinesfalls belehren, beteuerte er. Im Strafrecht müsse man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit urteilen, sonst müsse es einen Freispruch geben, so seien die Vorgaben des Gesetzes.
Den Freispruch für Grasser forderte Wess in seinem Schlusssatz - woraufhin Richterin Marion Hohenecker trocken meinte, "das ist durchgeklungen".