Der Buwog-Prozess – gestern Verhandlungstag 104 (!) – dauert bis tief ins Jahr 2020. Der Ex-Finanzminister Grasser ist sichtlich gealtert.
Als sich am Dienstag Angeklagte samt Anwälten nach der Sommerpause im Wiener Straflandesgericht trafen, da war klar: Sie sind alle etwas grauer geworden. Dem Hauptangeklagten Karl-Heinz Grasser ist der Druck anzusehen, unter dem er seit knapp zwei Jahren steht.
Richterin verhandelt jetzt schon knapp 21 Monate
Seit Dezember 2017, also knapp 21 Monate, verhandelt Richterin Marion Hohenecker die Privatisierung der Buwog-Wohnungen und die Frage, ob es Korruption gab.
Ab Ende September will Hohenecker zum Kern kommen: Wo sind jene zehn Millionen Euro gelandet, die die Immofinanz als Provision an Peter Hochegger überwies? Der soll das Geld an Walter Meischberger und an Grasser weitergeleitet haben – was der vehement bestreitet. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Viele Zeugen
Meldungen, wonach die Zeugenaussagen bis zum Jahresende abgeschlossen sein sollen, werden im Landesgericht dementiert. Ja, es stimme, der Senat habe Verhandlungstermine bis zum 19. Dezember angesetzt: Das heiße aber nicht, dass bis dahin alle Zeugen vernommen sein werden.
Viele Anträge
Dauern die Vernehmungen bis ins Frühjahr, dann könne zwar die Beweisaufnahme abgeschlossen werden, aber nur theoretisch: Schon bisher hätten die Anwälte durch unzählige Anträge das Verfahren nicht eben beschleunigt – weitere Anträge seien also wahrscheinlich.
Und die Berufung?
Justiz-Insider würde es nicht wundern, wenn das Urteil erst in einem Jahr, also im Herbst 2020, fällt. Elf Jahre nach Beginn der Ermittlungen – fast drei Jahre nach Prozess-Beginn. Und: Selbst nach dem Urteil wird es weitergehen – Berufungen sind so gut wie sicher. Es wird also noch Jahre dauern, bis die Causa geklärt ist.
Zeuge mit Kontakt zu Grasser-Anwalt
Am 104. Verhandlungstag platzte eine Bombe: Zeuge Heinrich Traumüller gab zu, dass Grassers Anwalt Norbert Wess ihm im März dieses Jahres einen Zettel mit Fragen zustecken habe lassen. Traumüller erzählte, er sei zu Wess in dessen Kanzlei gegangen, dort habe es „einen Disput“ gegeben: Wess habe Fragen „zum unfairen U-Ausschuss stellen wollen“ – was Traumüller abgelehnt hatte. Kontakte zu Zeugen sind laut StPO zwar zulässig, es „muss aber jeder Eindruck der unzulässigen Beeinflussung vermieden werden“.
(gü)