Im ORF-"Sommergespräch" greift der Vizekanzler frontal die SPÖ an und unterstellt dieser "Unehrlichkeit".
FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache sorgte gestern Abend beim ORF-"Sommergespräch" für einen Knalleffekt. Im Talk mit Hans Bürger und Nadja Bernhard deckte er bei der Wiener Magistratsabteilung 48 einen Arbeitszeitskandal auf. Laut Straches Angaben habe ein Mitarbeiter über mehrere Monate zu viele Überstunden machen müssen - ohne die Möglichkeit, diese abzubauen oder sich ausbezahlen zu lassen.
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Massive Überstunden ohne Ausgleich
Der Mitarbeiter habe im Zeitraum von 3 Monaten durchschnittlich 15 Stunden am Tag arbeiten müssen.
„Er hat Überstunden in einem Monat gemacht für eine Arbeit für zwei Monate. Es war ihm aber nicht möglich, auszuwählen, ob er diese Überstunden als Zeitausgleich oder gegen Bezahlung konsumieren will. Das finde ich ungeheuerlich, und das zeigt auch die Rechtswidrigkeit auf, die dort gelebt wird und die wir nun mit diesem neuen Gesetz abstellen“, so Strache.
Lehre darf kein "Hintertürl" sein
Der Vizekanzler verteidigt gleichzeitig die Pläne der Regierung, Asylwerber künftig nicht mehr zur Lehre zuzulassen. Darüber hinaus lobte er die Regierungszusammenarbeit in höchsten Tönen und kündigte erneut die Rückkehr von Udo Landbauer in die Politik an.
Man werde den Erlass auf dem Jahr 2012, der Asylwerbern die Lehre in einem Mangelberuf ermöglicht, streichen, sagte Strache. Denn es könne nicht sein, dass man über diesen Weg den Rechtsstaat "aushebelt". Die Lehre dürfe kein "Hintertürl" dafür sein, um sich einem abschlägigen Asyl-Bescheid zu entziehen. "Man muss sich ja auf die Rechtsstaatlichkeit verlassen können."
Wer von unabhängigen Gerichten eine Ablehnung bekomme, "der muss das Land verlassen", betonte Strache. Künftig werde man aber ohnehin dafür sorgen, "dass nach sechs Monaten jeder Antrag rechtskräftig abgearbeitet ist, dann kommt es gar nicht mehr zu solchen Situationen".
Zufrieden mit Regierung
Mit der Zusammenarbeit in der Regierung zeigte sich Strache, der sein zwölftes ORF-"Sommergespräch" erstmals in Regierungsverantwortung bestritt, hoch zufrieden. Man spüre eine "gegenseitige Wertschätzung", es gebe auch keinen Neid zwischen den Parteien bzw. ihm und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), so der Parteiobmann.
Der Frage, ob der Kanzlertraum für ihn ausgeträumt ist, wich Strache aus: Darum gehe es nicht, sondern darum, dass die Wähler ihn in eine "Verantwortungsrolle" gewählt hätten. Er habe das wesentliche Ziel erreicht, nämlich in der Regierung seine Vorhaben umsetzen zu können. Und: "Es wird eine nächste Wahl kommen und die Wähler werden entscheiden, wie sie mit der Arbeit zufrieden sind."
Für die Legislaturperiode habe man ohnehin noch einiges vor, gab der FPÖ-Chef zu bedenken. So verwies er unter anderem auf die geplante Steuerreform, die im Jänner 2020 kommen soll. Dafür seien ja im Budget 3,5 Mrd. Euro eingeplant, so Strache, der eine "nachhaltige Entlastung bei den Lohnnebenkosten" versprach.
Putin-Einladung positiv
Verteidigt wurde von Strache neuerlich die Einladung von Russlands Präsident Wladimir Putin zur Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ). Es seien "wundervolle Bilder" gewesen, der Besuch Putins außerdem eine Werbung für die Region. Die Kritik bezeichnete er als "lächerlich", man habe "fast den Eindruck, dass mancher neidig ist, dass wir wieder Bedeutung auf weltdiplomatischer Bühne haben", meinte Strache.
Klar machte der Parteiobmann einmal mehr, dass er (nach der Einstellung des Verfahrens um das sogenannte NS-Liederbuch) dezitiert für die Rückkehr des ehemaligen niederösterreichischen Spitzenkandidaten Udo Landbauer in die Politik ist. Landbauer sei jetzt "voll rehabilitiert, er wird seiner Verantwortung nachkommen und in den Landtag einziehen", so der Vizekanzler.
Keinerlei Probleme sieht Strache in der Zusammenarbeit der österreichischen Nachrichtendienste mit ausländischen Diensten nach der Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Sämtliche Vorwürfe in Richtung Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wischte er vom Tisch, dieser habe etwa auch bei den Ermittlungen keine Rolle gespielt, denn das sei Sache der unabhängigen Justiz. "Wir haben den besten Innenminister der Zweiten Republik", streute er dem ehemaligen FPÖ-Generalsekretär Rosen.
Strache ortet „Überstundenskandal in der MA 48“
FPÖ-Vizekanzler Strache deckte vermeintlichen Überstundenskandal in Wiener Stadtverwaltung auf. Der Vizekanzler ließ die Sache bei ORF-Sommergespräch platzen: Es gebe einen Mitarbeiter der MA 48 (Müllabfuhr, Schneeräumung) der pro Tag 15 Stunden arbeitet – ohne sich aussuchen zu können, ob er die Überstunden ausbezahlt oder als Zeitausgleich habe wolle, wie das im neuen Arbeitszeitgesetz der türkis-blauen Koalition vorgesehen sei.
Tatsächlich liegen oe24 drei Lohnabrechnungen eines Schneepflugfahrers aus den Jahren 2010, 11 und 13 vor. Im Februar 2011 hatte der Mann 142,5 Überstunden – 136 in der Nacht, 16,5 am Tag. Die FPÖ rechnet mit 20 Arbeitstage im Monat: Dann hätte der Mann – gesetzeswidrig – 15 Stunden pro Tag gearbeitet. Durch die hohe Anzahl an Überstunden, hieß es aus der FPÖ. Habe der Bedienstete laut Eigenaussage, der in diesem Zeitraum Vater von Zwillingen wurde, Weihnachten und Silvester nicht mit seiner Familie verbringen können.
Nur ein einziges Mal war dies zu Silvester möglich, da er sich infolge einer Lungenembolie (möglicherweise durch die Belastung ausgelöst) im Krankenstand befand. Die MA 48 wies das zurück, niemand arbeite bei ihnen mehr als 12 Stunden – aber: Der Mann habe angesichts des Schneefalls Sonntags.- und Feiertagsdienste geleistet, was die Tagesarbeitszeit natürlich abgesenkt hätte. Das Gehalt des Schneepflugfahrers war übrigens nicht schlecht; 3.768,13 Euro – netto waren es zum Beispiel im Februar 2011.