Einsatz in Tschad

Hilfe für die Kinder von Darfur

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Hunderttausende Menschen starben bereits, darunter zahllose Kinder. Millionen sind auf der Flucht. Das Bundesheer soll jetzt helfen.

In Österreich ist eine der größten Tragödien der Gegenwart schon etwas aus den Schlagzeilen gerückt: das Flüchtlingsdrama aus der sudanesischen Region Darfur im Grenzgebiet zum Tschad und zur Zen-tralafrikanischen Republik. Laut Kinderhilfswerk UNI-CEF sterben noch mehr als siebzig Kinder unter fünf Jahren jeden Tag an Unterernährung und Schwäche. Mehr als zweieinhalb Millionen Menschen mussten im Laufe des Konflikts flüchten.

Jolie besucht Flüchtlinge
In den Mittelpunkt des Interesses war die Tragödie gerückt, als sich Hollywoodstar Angelina Jolie als Sonderbotschafterin des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR für die Menschen von Darfur engagierte, ein Bild von der dramatischen Situation vermitteln und die Weltgemeinschaft wachrütteln wollte. Mehrere Male besuchte sie ein Flüchtlingslager im Osten des Tschad – in derselben Region, wo die Soldaten des österreichischen Bundesheers ab Februar im Einsatz sein werden.

Die Menschen in den Lagern sind auf der Flucht vor einem barbarischen Krieg in ihrer Heimat Darfur. Der Konflikt zwischen den dort ansässigen Rebellen und der Regierung in Sudans Hauptstadt Khartoum es­kalierte 2003. Schon Jahrzehnte wird der Sudan vom Bürgerkrieg in seiner südlichen Region erschüttert. Vor fünf Jahren dann hatte sich der Konflikt auf den Westen des Landes übertragen. Die Bewohner Darfurs wollten ihre Unabhängigkeit oder zumindest mehr Mitspracherecht bei der Verteilung des Erdöls, das das Land exportiert. Doch die Regierung wollte ihnen weder das eine noch das andere gewähren.

Mit absoluter Grausamkeit gingen sie gegen die Bevölkerung vor: Das Regime rüstete arabische Reiterstämme, die sogenannten Janjaweed, schickte sie gegen die Bauern in Darfur ins Feld und entfachte damit einen jahrhundertealten Konflikt aufs Neue: In dem kargen Landstrich kämpften Sesshafte gegen Nomaden, die Nachkommen der Sklavenhändler gegen jene der Sklaven. Eine halbe Million Menschen sollen in diesem Konflikt ums Leben gekommen sein, mehr als die Hälfte Kinder und Jugendliche.

Rebellen greifen Lager an
Eine humanitäre Katastrophe bahnte sich an. Die Flüchtlingslager waren im Nu überfüllt, immer wieder wurden die Lager überfallen. Die humanitären Helfer, die aus der ganzen Welt angereist waren, um die Not zu lindern, wurden beraubt und mussten um ihr Leben fürchten. Damit nicht genug: Rebellen greifen immer wieder grenznahe Dörfer im Tschad an. Die Menschen dort mussten ebenfalls flüchten und leben heute als Binnenvertriebene im Hinterland. Ihre Situation ist noch prekärer als jene der Darfur-Flüchtlinge, weil sie weniger Hilfe und Unterstützung erhalten. Die Tschadische Armee greift immer wieder als Vergeltung Rebellencamps im benachbarten Sudan an. Beide Länder stehen an der Schwelle zum Krieg.

Vor etwa einem Jahr beschlossen die Vereinten Nationen, dem Treiben in der Wüste ein Ende zu bereiten, eine Ausweitung der Konflikte zu verhindern, die Flüchtlinge zu schützen und Mitarbeitern der Hilfsorganisationen beizustehen. Zeitgleich zu einer der größten UN-Missionen aller Zeiten in Darfur sollten Truppen unter europäischem Mandat die in den Tschad geflüchteten Menschen schützen und ihnen eine Rückkehr ermöglichen.

Europäer sollen helfen
Während die Regierung in Khartum den Heiligen Krieg gegen die UN-Mission ausrief, hieß der Präsident des Tschad, Idriss Deby, die europäischen Truppen willkommen.

Auch die Hilfsorganisationen warten auf die europäischen Soldaten. "Was wir am dringendsten brauchen, ist Schutz vor herumziehenden Räubern“, sagt die Deutsche Annette Rehrl vom UNHCR im ÖSTERREICH-Telefonat. "Frauen brauchen Schutz, wenn sie das Camp verlassen, weil es ständig zu Vergewaltigungen kommt. Und man muss verhindern, dass die Rebellen in die Lager kommen und Kindersoldaten rekrutieren.“

Bundesheer vorn dabei
Diese Woche startet die Mission. Unter den Einsatzkräften werden auch 160 Österreicher sein, die ersten zehn von ihnen landen bereits Ende der Woche in der tschadischen Hauptstadt N’Djamena. Voraussichtlich Dienstag darauf soll ein großer Teil des Kontingents nachfolgen.

Ihre Aufgabe: Spezialkräfte des Jagdkommandos sollen zwischen den Flüchtlingslagern in den Städten Iriba und Bahai Patrouille fahren und auf diese Weise die Banditen abschrecken. Diese zwei Flüchtlingslager sind genau jene, die Angelina Jolie vor einem Jahr besuchte.

Auch ÖSTERREICH hat bereits einen Reporter entsandt. Er ist derzeit auf dem Weg in den Tschad, wo er aktuell über diesen – den bisher gefährlichsten – Einsatz des österreichischen Bundesheeres berichten wird.

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