U-Ausschuss

"Insider" nimmt Mensdorff ins Visier

Teilen

Der frühere Behördenfunk-Verantwortliche wusste nicht, dass Motorola Jagd bezahlt.

Zu einem Jagdtreff ist es am Dienstag im parlamentarischen Korruptions-U-Ausschuss um die Behördenfunk-Affäre gekommen: Gleich drei Auskunftspersonen waren Jagdeinladungen beim Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly gefolgt. Der frühere Innenministeriums-Kabinettsmitarbeiter Wolfgang Gattringer jagte in Schottland, Anwalt Christian Nordberg, Berater des BMI beim Behördenfunk, war bei einer Rebhuhnjagd und Ex-BIA-Chef Martin Kreutner fuhr zum "Schnupperjagen" ins Burgenland. Dabei geriet der Lobbyist heute selber ins Visier: Laut BZÖ-Abgeordnetem Stefan Petzner wirft ein unbekannter Insider dem "Grafen" die Forderung nach vier Mio. Euro im Zusammenhang mit der Blaulichtfunk-Vergabe vor.

Gattringer mit Erinnerungslücken
Gattringer war im Kabinett des Innenministeriums unter Minister Ernst Strasser (V) mit dem Behördenfunk befasst. Dass Motorola, letztlich siegreicher Bieter bei der Neuvergabe des Blaulichtfunks, die Jagd bei Mensdorff in Schottland bezahlt hatte, habe er damals nicht gewusst, beteuerte er im Ausschuss. In der Annahme dieser Einladung sah er ebenso wenig Relevanz wie in der möglichen Annahme eines Gratishandys von Motorola, die vom Konzern an ausgewählte Mitarbeiter im Innenministerium verteilt wurden. Ob er selber so ein Handy erhalten habe, könne er sich nicht mehr erinnern, so Gattringer.

Strassers Kabinettschef Christoph Ulmer sei auf Wunsch Strassers nach seiner Karenzierung als Beamter mit der weiteren "strategischen Beratung" beim Behördenfunk befasst gewesen. Von Ulmers Gesprächen in London mit Motorola-Vertreten kurz vor dem Zuschlag an Motorola durch das BMI liegen im Ministerium keine Akten auf, sondern nur Spesenrechungen. Ulmer sei eben "ehrenamtlich" tätig gewesen, sagte Gattringer. Nach seiner Zeit im BMI-Kabinett von Februar 2003 bis Ende 2006 ging Gattringer zu Alcatel - die gemeinsam mit Motorola den Behördenfunk-Vergabe gewonnen hatten. Der frühere Beamte verteidigte seinen Wechsel ausgerechnet zu dem Unternehmen, mit dem er vorher über den Behördenfunk verhandelt hatte.

Kreutner "naiv"

Der frühere Chef des Büro für Interne Angelegenheiten (BIA), Martin Kreutner, war ein einziges Mal bei Mensdorff auf der Jagd. Er sei so "naiv" gewesen, an eine persönliche Einladung von Ulmer zu glauben, den er schon seit dem Studium kenne, gestand Kreutner heute ein. Als er merkte, in welche "politiknahe" Richtung das Ganze gehe, habe er keine weitere Einladung mehr angenommen. Das BIA hatte Vorfälle bei der Behördenfunkvergabe überprüft: Vorwürfe von Siemens-Manager Franz Geiger aus dem Mastertalk-Konsortium, dass der BMI-Mitarbeiter Peter Skorsch die Gespräche hintertreibe und mit der Konkurrenz Motorola in Verbindung stehe, seien nicht substantiiert und nicht strafrechtlich relevant gewesen, so Kreutner.

   Bei einer Rebhuhn-Jagd bei Mensdorff war auch Anwalt Christian Nordberg, der als externer Berater die Behördenfunk-Vertragsauflösung und die Neuvergabe begleitete. Selbst ohne Jagdschein, habe er die Einladung als "Privatveranstaltung" betrachtet. Nordberg verteidigte das Vorgehen das Innenministeriums und die Vertragsaufkündigung mit Mastertalk, die die Republik letztlich in einem Vergleich 30 Mio. Euro kostete.

Wirbel im U-Ausschuss gab es um Vorwürfe gegen Mensdorff: Ein Mitarbeiter eines Bieter-Unternehmens in der zweiten Digitalfunk-Ausschreibung teilte laut Petzner in einem Schreiben mit, dass Mensdorff auf Empfehlung von Ulmer für vier Mio. Euro seine Dienste angeboten habe. Ulmer habe dem Unternehmen zu verstehen gegeben, dass man Mensdorff beauftragen müsse, wenn man das Projekt haben wolle. Man sei aber auf das Angebot nicht eingegangen. Mensdorffs Anwalt wies den Vorwurf der Bestechung zurück.

Wirbel um Petzners Informant
Der Informant vermutete laut Petzner in weiterer Folge in dem Schreiben, dass dasselbe Prozedere auch bei den Mitbewerbern stattgefunden habe. Aus Sicht des Informanten habe es sich um ein "Kleeblatt der Korruption" gehandelt - mit Mensdorff, Ulmer, Gattringer sowie Alcatel-Chef und ÖVP-Bundesrat Harald Himmer. Ulmer und Gattringer ließen über einen Anwalt in einer Aussendung wissen, dass sie die Vorwürfe "aufs Schärfste zurückweisen". Sie kündigten an, "entsprechende rechtliche Schritte gegen die Verbreitung solch falscher, ruf- und kreditschädigender Anschuldigungen zu setzen".

Für Aufregung sorgte jedenfalls vor allem, dass Petzner das Schreiben nicht dem U-Ausschuss zur Verfügung stellen will - aus Gründen des Informantenschutzes. Allerdings will er es der Staatsanwaltschaft geben. Gestern habe er mit der Staatsanwaltschaft das Prozedere besprochen, um sicherzustellen, dass die Identität des Informanten wie von diesem gewünscht geschützt bleibt. Die anderen Fraktionen wollen das Dokument sehen, Ausschuss-Vorsitzende Gabriela Moser (G) ersuchte die Justiz deshalb um Übermittlung.

Das Papier des Informanten ist bei der Justiz noch nicht eingetroffen - Petzner will es noch diese Woche übergeben. Ob es dann an den U-Ausschuss übermittelt wird, werde erst nach einer Prüfung entschieden, erklärte Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek der APA. "Unterlagen werden vorerst nicht herausgegeben, wenn dadurch Dinge öffentlich gemacht werden, die den Erfolg weiterer Ermittlungen gefährden könnten."


Die stärksten Bilder des Tages





 
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.