Gewerkschafter pocht auf "guten Mix aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen"
Das Budgetloch bleibt Knackpunkt bei den Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS. So einen hohen Konsolidierungsbedarf - je nach Berechnungsart zwischen 15 und 23 Milliarden Euro - habe er bei Regierungsverhandlungen "noch nie" erlebt, meinte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am Samstag auf Ö1. Er pochte auf einen "guten Mix aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen". Der ÖVP-Wirtschaftsbund ist dagegen bemüht, die Debatte um mehr Steuerbelastung zu beenden.
Wie schon andere Chefverhandler bezifferte auch Gewerkschafter Katzian die Chancen, dass die Dreierkoalition etwas wird, mit 50:50. In einzelnen Bereichen sei man "gut unterwegs", meinte Katzian, "und in anderen ist es sehr, sehr schwierig" - da müsse man schauen, ob man zu gemeinsamen Lösungen kommen könne oder nicht, und das werde noch ein bisschen dauern. Übers Wochenende laufen vor allem die Detailverhandlungen zu finanziellen Fragen weiter, Anfang der Woche soll es dann wieder Gespräche auf oberster Ebene geben. Der rote Katzian plädiert für einen Mix zur Budgetsanierung: "Breite Schultern können mehr tragen." Deshalb sei er "absolut dagegen", das Budget "vor allem ausgabenseitig zu Lasten des Sozialstaates" zu konsolidieren.
Die SPÖ fordert bekanntermaßen Vermögenssteuern, die ÖVP lehnt sie ab. Ob als Kompromiss eine höhere Grundsteuer herausschauen könnte, wollte sich Katzian nicht festlegen: Er wolle die Verhandlungen nicht medial führen. Es gebe "verschiedene Modelle, die diskutiert werden". Fakt sei, dass die Gemeinden Geld brauchen. Dass eine Erhöhung der Grundsteuer in weiterer Folge die Mietkosten erhöhen könnte, "ist ja genau das Problem", so der Gewerkschafter. "Da sind wir mitten in der Diskussion."
Wirtschaftsbund will Tür für Abgabenerhöhungen "wieder zumachen"
Auch ÖVP-Obmann Karl Nehammer hatte zuletzt Steuererhöhungen zur Budget-Konsolidierung nicht mehr ausgeschlossen - das wäre "absurd", meinte er in Interviews. Der Kanzler machte zwar einmal mehr klar, dass Erbschafts- und Vermögenssteuern für ihn nicht in Frage kämen. Bezüglich einer höheren Grundsteuer erwartete er aber Gespräche in der entsprechenden Arbeitsgruppe. In der ÖVP sind mit dieser Steuer-Debatte nicht alle glücklich: Es dürfe "nicht um neue Belastungen gehen in den Verhandlungen", versuchte Wirtschaftsbund-Generalsekretär und Verhandler Kurt Egger in der "Presse" (Samstag-Ausgabe) die Diskussion wieder zu beenden. "Der Standort verträgt keine höheren Steuern", erklärte er auch in der "Kleinen Zeitung" (Samstag-Ausgabe). Die Tür für Abgabenerhöhungen "müssen wir wieder zumachen", forderte Egger. "Budgetkonsolidierung soll jetzt einmal so laufen, dass man sich überlegt, wie man wieder Wachstum schafft."
Gegen neue Steuern und explizit entsprechende Forderungen der SPÖ rückte unterdessen in mehreren Zeitungen der künftige Generalsekretär der Wirtschaftskammer und ÖVP-Verhandler der Wirtschaftsgruppe, Wolfgang Hattmannsdorfer, aus. Er verweist ebenfalls auf die wirtschaftliche Situation: "Die Einschläge kommen immer näher und die Detonationen werden immer stärker", meinte er etwa im "Kurier". "Wir müssen jetzt aufwachen. Die Österreicher verlieren ihre Jobs und wir diskutieren über neue Steuern. Das ist der komplett falsche Zugang." Der Frage, ob dies auch keine Steuererhöhungen umfasse, wich Hattmannsdorfer gegenüber "oe.24" aus: "Wir können gern über die Semantik diskutieren. Es geht aber um die Frage, was jetzt matchentscheidend ist."