"Ich habe Recht, und Sie haben Unrecht"

Kickl von BVT-Sondersitzung unbeeindruckt

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Der Innenminister nennt die Opposition "Verschwörungstheoretiker".

Die BVT-Affäre hat in der ersten Nationalratssitzung nach dem Sommer erneut die Gemüter erhitzt. Die SPÖ warf Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in der Sondersitzung am Freitag vor, einen Schaden für die Sicherheit des Landes verursacht zu haben. Kickl gab sich unbeeindruckt: "Ich habe Recht, und Sie haben Unrecht", tat er die Opposition als "Verschwörungstheoretiker" ab.
 
Die von SPÖ, NEOS und Liste Pilz verlangte Sondersitzung ist bereits die dritte zur BVT-Affäre. Anlass für die Einberufung war diesmal, dass das Oberlandesgericht Wien die umstrittene Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung für unzulässig erklärt hatte. Angesichts der aufgeheizten Stimmung in dieser Causa bat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) schon vor Beginn der Debatte, die Würde des Hohen Hauses im Auge zu behalten.
 

Hochkonjunktur für Zwischenrufe

Das funktionierte freilich nur bedingt, von Anfang an war die Debatte geprägt von aufgeregten Zwischenrufen. Einige hier hätten "den Unterschied zwischen Opposition und Inquisition noch nicht ganz verinnerlicht", startete auch Kickl gleich einmal deftig in die Beantwortung der "Dringlichen Anfrage" der SPÖ. Die Opposition bemühe sich mithilfe einiger Medien, ein möglichst dramatisches Bild zu zeichnen. Der deutsche Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) habe erst heute betont, "Österreich ist und bleibt ein wichtiger Partner Deutschlands in der nachrichtendienstlichen Kooperation", zitierte Kickl. "Das sind die Fakten", betonte der Minister, "ich habe Recht, und Sie haben Unrecht".
 
Es handle sich um einen Kriminalfall im BVT, und wenn die Opposition nun einen politisch Verantwortlichen suche, dann lediglich dafür, dass es eine "rechtsstaatlich korrekte Vorgangsweise" gegeben habe - "na da bin ich gerne dafür verantwortlich, das ist ein schönes Kompliment", meinte Kickl. Die Opposition stelle Gerüchte als Fakten dar, reiße Dinge aus dem Kontext und verwende ein "martialisches Vokabular".
 

Fragenkatalog der SPÖ "behandelt"

Die Antworten auf die über 50 Fragen der SPÖ ratterte Kickl sodann im Eiltempo herunter. Immerhin ließ er wissen, dass der FPÖ-nahe Chef der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), Wolfgang Preiszler, von Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber bereits am 21. Februar, also eine Woche vor der Razzia, von einem Einsatz informiert worden sei - allerdings ohne jegliche Details. Eine Dokumentation darüber sei nicht erforderlich gewesen. Die Planung und Nachbereitung der Hausdurchsuchung liege in der Zuständigkeit des Justizministeriums, befand Kickl.
 
Zum Vorwurf, das Innenministerium habe der Staatsanwaltschaft "präparierte" Zeugen geschickt, betonte Kickl, es seien auf Wunsch der Zeugen "formlose Gespräche" geführt worden, bei denen teilweise auch sein Generalsekretär anwesend war. Die Staatsanwaltschaft vorher zu verständigen, sei nicht notwendig gewesen, meint Kickl, ebenso wenig die Erstellung eines Protokolls.
 

Diskussion um "Berner Gruppe"

Dass dem BVT eine Suspendierung aus der wichtigen "Berner Gruppe" internationaler Geheimdienste drohte, erfuhr Kickl nach eigenen Angaben am 26. Juni. Seine quasi zeitgleichen Äußerungen, dass die Kooperation mit den Partnerdiensten funktioniere, basierten auf Aussagen auf zahlreichen Ebenen, die ihm dies bestätigt hätten, gab sich Kickl unbeirrt.
 
Der SPÖ-Fraktionsführer im BVT-Untersuchungsausschuss, Jan Krainer, sah das etwas anders. Er hatte zuvor in der Begründung der Anfrage von einem "Überfall" aufs BVT gesprochen und auf ein entsprechendes Dokument verwiesen, in dem das BVT den Rauswurf aus der "Berner Gruppe" befürchtet. "Sie können nicht abstreiten, dass dieser Schaden entstanden ist", meinte Krainer Richtung Kickl. "Es ist gar nichts in Ordnung", die Sicherheit des Landes sei gefährdet, warnte Krainer. Die Mitnahme heikler Daten aus dem BVT habe einen "Schaden für uns alle, einen Schaden für die Sicherheit des Landes" ausgelöst. "Wer trägt die politische Verantwortung? Das kann nur der Innenminister Kickl sein."
 

Sobotka lässt Ausschuss prüfen

Der Verfassungsgerichtshof hat das Parlament nach der Beschwerde des Rechtsanwalts Gabriel Lansky bereits zur Stellungnahme aufgefordert. "Die Aufforderung des VfGH zur Stellungnahme ist an uns ergangen. Sie wird gegenwärtig geprüft und man wird selbstverständlich zu gegebener Zeit eine Stellungnahme abgeben", hieß es dazu aus dem Büro von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).
 
Keine Stellungnahme des Nationalratspräsidenten gibt es zur Frage, was mit den von der Justiz ins Parlament gelieferten E-Mails der Rechtsanwaltskanzlei geschehen soll. Lansky hofft, dass das Parlament die Löschung auch ohne entsprechende Aufforderung des Verfassungsgerichts vornimmt.
 
Lanskys Beschwerde stützt sich auf die in der Verfassung (Art. 138b B-VG) verankerte Möglichkeit, sich an den Verfassungsgerichtshof zu wenden, wenn man sich durch einen Untersuchungsausschuss, seine Mitglieder oder Funktionsträger in seinen Rechten verletzt sieht. Seitens des Parlaments für das Verfahren zuständig ist in diesem Fall laut Verfassungsgerichthofgesetz der Nationalratspräsident.
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