Wien

Lehrer-Einigung steht kurz bevor

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Der Beamten-Boss brüskiert die Ministerinnen Schmied, Heinisch-Hosek und Fekter.

Nach den fruchtlosen Verhandlungen um das neue Lehrerdienstrecht schaltet sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) selbst ein. Er will noch vor den Wahlen ein Ergebnis zustande bringen.

Dies war am Montag zu Beginn der 31. Verhandlungsrunde weit entfernt (die Verhandlungen waren bei Redaktionsschluss noch im Gange). Um 17.30 Uhr waren die Ministerinnen Claudia Schmied (Bildung), Gabriele Heinisch-Hosek (Beamte, beide SPÖ) und Maria Fekter (Finanzen, ÖVP) mit den Lehrern verabredet.

Doch wenige Stunden vor dem Start des Treffens der Affront: Beamten-Gewerkschafter Fritz Neugebauer lässt den Ministerinnen ausrichten, dass er nicht kommen würde. Er befände sich auf „Arbeitsurlaub“. Ähnlich wie bei den Beamten-Verhandlungen vor eineinhalb Jahren sorgt er damit für Stillstand.

Auch Lehrer-Chefverhandler Paul Kimberger ließ keine Hoffnung aufkommen. Schon am Vormittag machte er klar, dass die Lehrer der aktuellen Regierungsvorlage nicht zustimmen könnten.

Zwar wäre die Regierung den Lehrern in der Punktation, die in der 30. Verhandlungsrunde vorgelegt wurde, entgegenkommen, aber die einzelnen Lehrer-Teilgewerkschaften hätten allesamt noch viel zu kritisieren: „Jubel und Euphorie ist in keiner Lehrergruppe vorhanden“, sagte Kimberger.

Heinisch-Hosek war vor Verhandlung optimistisch
Dabei war Gabriele Heinisch-Hosek vor den Verhandlungen optimistisch: „Wenn es nach mir ginge, wären wir abschlussreif.“ Auch die 150 Postler als Unterstützungspersonal an Schulen seien ein gutes Angebot.

Inzwischen verliert die Bevölkerung immer mehr die Geduld. Nach 31 Verhandlungsrunden wollen die Österreicher ein Ergebnis. In einer ÖSTERREICH-Umfrage sagen 57 Prozent, dass ein Dienstrecht auch ohne Ja der Gewerkschaft beschlossen werden sollte. Was das Streitthema Arbeitszeit angeht, haben die Österreicher ebenfalls eine Meinung: Neben der momentanen Unterrichtszeit (je nach Schule 20 bis 22 Stunden) sollen sie auch nachmittags in der Schule sein.

Bildungsexperte Andreas Salcher: »Lehrer von 8 bis 16 Uhr in Schule«

ÖSTERREICH: Was erwarten Sie sich von den Verhandlungen zwischen Regierung und Lehrer-Gewerkschaft?
Andreas Salcher:
Das einzig mögliche Ergebnis ist ein Waffenstillstandsabkommen, weil vor der Wahl keine der beiden Seiten schlecht dastehen möchte. Obwohl die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre verlängert wurde, sind die so wichtigen Verhandlungen erst recht wieder in die Wahlkampfzeit gefallen. Dabei sollten durch die längere Periode große Themen abseits von Wahlkämpfen behandelt werden können. Jetzt ist beim entscheidenden Zukunftsthema Bildung wieder keine Lösung zu erwarten.
 

ÖSTERREICH: Was wäre denn eine zukunftsträchtige Lösung beim Lehrerdienstrecht?
Salcher:
Da geht es ja um mehr als das reine Lehrerdienstrecht. Ganz wichtig ist das Ende der 50-Minuten-Stunde und der Koppelung des Lehrergehalts daran, das muss abgestellt werden. Lehrer sollten ihre gesamte Arbeit von 8 bis 16 Uhr an einem ordentlichen Arbeitsplatz in der Schule leisten. Das Problem ist, dass jetzt nur über Unterrichtsstunden verhandelt wird. Lernen ist aber weit mehr als unterrichten. Die Gewerkschaft hat ein Lehrerbild wie aus dem 19. Jahrhundert.
 

ÖSTERREICH: Der Vorschlag der Regierung sieht kein Ende der 50-Minuten-Stunde vor, ist er trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung?
Salcher:
Nein, er ist nicht einmal das. Die Regierung ist schon liegend in die Verhandlungen mit der Gewerkschaft gegangen, da kann man nicht mehr umfallen.
 

ÖSTERREICH: Wie soll die Situation gelöst werden? Ein Neustart der Verhandlungen?
Salcher:
Ja, genau. Wie bei einem Computer: Wenn das System nicht mehr funktioniert, startet man es neu. Und das ist notwendig, wir brauchen ein neues Schulsystem. Denn das jetzige kann auch mit mehr Geld nicht besser werden, obwohl das versucht wird. Bald haben wir das teuerste Schulsystem der Welt, bei sinkenden Leistungen.
 

ÖSTERREICH: Wie kann die Politik gegensteuern?
Salcher:
Es bedarf keiner weiteren Studie, es ist nämlich klar, was getan werden muss. Die Politik traut sich aber nicht, die Reformen anzupacken, weil das Schulsystem im Einfluss der Parteien liegt.

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