ÖSTERREICH-Interview

ÖGB-Chef Katzian über neue Kurzarbeit: "Ansprüche genauer überprüfen"

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Der ÖGB-Chef im Interview: Notwendigkeit muss gut begründet werden - Mindestarbeitszeit - Freie Zeit für Weiterbildung nützen.

Wien. Im Interview für die Sonntagsausgabe der Tageszeitung ÖSTERREICH präsentiert ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian die Vorstellungen des Gewerkschaftsbundes zur neuen Kurzarbeit. Katzian: "Wir führen Gespräche auf Sozialpartnerebene, die erwartungsgemäß ein bisschen zäh verlaufen. Die Betriebe und ihre Beschäftigten brauchen Klarheit, wie es ab Mitte September weitergeht. Die Frage ist, wer dann die Kurzarbeit noch braucht. Bei einem Teil der Betriebe wird das nicht mehr der Fall sein, aber einige Branchen werden im Herbst den Einbruch richtig zu spüren bekommen, speziell in der Industrie, wo in einigen Bereichen keine neuen Aufträge hereinkommen."
 
Die neue Regelung müsse sich laut Katzian in wesentlichen Punkten von der bisherigen Kurzarbeit unterscheiden. So legt der ÖGB Wert auf strengere Kontrollen des Anspruchs. Katzian:"Wir brauchen dringend ab Oktober eine neue Lösung und die soll schon anders sein: Die Massen, wie wir es zu Beginn hatten, wird es nicht mehr betreffen. Voraussetzung muss sein, dass ein echter wirtschaftlicher Bedarf besteht, denn, ehrlich gesagt, in Phase eins und zwei sind ja viele Betriebe durchgewunken worden. Wer einen Antrag gestellt hat, hat die Kurzarbeit in der Regel auch bekommen. Der ÖGB will, dass eine gut begründete wirtschaftliche Notwendigkeit vorgelegt wird, und dass das auch genau überprüft wird." Und zwar: "Nicht weil irgendwer geärgert werden soll, sondern weil die Kurzarbeit für jene da sein soll, die sie wirklich brauchen und nicht als Optimierungsmodell für manche Unternehmen, die halt gesagt haben: „Cool, gehen wir auch in Kurzarbeit, dann können wir’s uns besser richten.“"
 
Weiter Punkte die sich ändern müssten, wären eine Mindestarbeitszeit von beispielsweise 40 Prozent (Katzian: "Dass die Bandbreite der Arbeitszeit von 10 bis 100 Prozent geht, wollen wir nicht mehr.") bzw. ein Modell, das ein, zwei Jahre "nutzbar sein" müsse. Katzian: "Denn es wird Branchen geben, die in sechs Monaten nicht hochkommen werden, nehmen wir nur die Stadthotellerie oder die Luftfahrt. Wir brauchen also ein Modell, das mehrmals verlängerbar sein muss."
 
Außerdem will der ÖGB, dass die Arbeitnehmer das Mehr an Freizeit für Weiterbildung nützen. Katzian: "Denn alle Wirtschaftsforscher sind der Meinung, dass der Zusammenfall von Corona mit den großen gesellschaftlichen Transformationsprozessen wie Klimaveränderung und Digitalisierung bedingt, dass wir einen Schub an Weiterbildung und Umschulungen brauchen werden, weil es bestimmte Bereiche  nicht mehr so geben wird. Deshalb müssen wir die Zeit nützen." Das sehe auch die Arbeitgeberseite so.
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