Der Finanzminister will unvoreingenommen an alle Möglichkeiten heranzugehen.
Finanzminister Josef Pröll (V) hat eine neuerliche EU-Vertragsänderung zur Verschärfung der Spielregeln in der EU und in der Eurozone als Folge der Griechenland- und Schuldenkrise nicht ausgeschlossen. In Hinblick auf Sanktionen für Defizitsünder plädierte Pröll am Freitag in Brüssel nach dem ersten Treffen der EU-"Taskforce" unter Leitung von Ratspräsident Herman Van Rompuy dafür, "ganz unvoreingenommen und ohne Tabus an alle Möglichkeiten heranzugehen".
"Spannende Frage"
Eine mögliche Änderung des
EU-Vertrags sei "eine spannende Frage, aber sie leitet mich nicht in meiner
Diskussion der nächsten Wochen und Monate", betonte Pröll. Dies sei
politisch am Schluss zu entscheiden, "wenn wir an der Brücke am Fluss
angekommen sind. Vielleicht brauchen wir das gar nicht", weil viele andere
Maßnahmen für Stabilität und Krisenmanagement ausreichten, sagte Pröll.
Österreich habe klar gemacht, dass es mit den Vorschlägen der EU-Kommission
und Deutschlands leben könne. Es sei wichtig, dass die EU "offensiv" an
diese Reform herangehe, sagte Pröll.
Die EU-Kommission hatte unter anderem einen frühzeitigen Eingriff in die nationale Budgeterstellung vorgeschlagen. Deutschland hat scharfe Sanktionen bei schwerwiegenden Verstößen gegen den Euro-Stabilitätspakt verlangt, etwa einen vorübergehenden Stimmrechtsentzug des betreffenden Landes im EU-Ministerrat.
Zeitplan bestätigt
Die "Taskforce" bestätigte den zuvor
kolportierten Zeitplan. Demnach soll sie Ende Oktober ihren Schlussbericht
vorlegen, wie Pröll sagte. Zum EU-Gipfel im Juni will Van Rompuy einen
Fortschrittsbericht vorlegen. Chef der EU-Verhandlungsgruppe auf
Beamtenebene ("Sherpa") ist der der österreichische Spitzenbeamte Thomas
Wieser, Vorsitzender des Wirtschafts- und Finanzausschusses (WFA) der
Europäischen Union.
Van Rompuy habe klar gemacht, dass sich die Arbeitsgruppe nicht mit der Reform der Finanzmärkte, mit Verboten von Finanzprodukten oder der Finanztransaktionssteuer befassen werde, da dies nicht ihr Auftrag sei, sagte Pröll. Solche Fragen seien von den EU-Finanzministern und den Regierungschefs zu behandeln. Zum deutschen Verbot über Leerverkäufe habe es keine Debatte gegeben.